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Deutschlands vorbildlicher Jugendarbeitsmarkt

 

Was läuft bloß falsch in Europas Süden? In Spanien und Griechenland liegt die Jugendarbeitslosigkeit mittlerweile bei mehr als 50 Prozent. Auch in Portugal und Italien sieht es nicht besser aus. Fast jeder dritte junge Mensch zwischen 15 und 24 Jahren ist arbeitslos.

Daten als Google-Spreadsheet

Arbeitsmarktexperten sind sich einig: Die Art der Ausbildung ist das Problem. „Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Ausbildungssystem und der Arbeitslosenquote unter jungen Menschen“, sagt die Arbeitsmarktökonomin Anne Sonnet von der Industrieländerorganisation OECD. Gerade in den Südstaaten sei die Ausbildung viel zu theorielastig und praxisfern.

Sie verweist auf Deutschland und Österreich. Beide Länder setzen auf ein duales Ausbildungssystem und weisen zugleich die niedrigsten Arbeitslosenquoten unter jungen Menschen in der EU vor. Wer hierzulande eine Lehre macht, der besucht in der Regel einige Tage in der Woche die Berufsschule, wo er theoretisches Wissen lernt. Die restlichen Tage verbringt er im Betrieb, um Praxiserfahrung zu sammeln. Sonnet hält das für den idealen Mix.

Neben Deutschland und Österreich setzen in der EU auch Dänemark und Luxemburg auf dieses Modell. Allerdings ist die Bilanz hier weniger erfolgreich. Dänemark kam im vergangenen März auf eine Jugendarbeitslosenquote von 15,1 Prozent, Luxemburg sogar auf 17,4 Prozent. Warum das so ist? Nach Einschätzung der OECD kümmern sich die Länder nicht ausreichend genug um die Qualifikation in der Schule. Gerade benachteiligten Jugendlichen mit Migrationshintergrund fehle Grundlagenwissen. Damit das duale Ausbildungssystem tatsächlich so erfolgreich sei wie in Deutschland, müsse man das verbessern.

Die Regierungen in den Südländern haben das Problem erkannt. Und es gibt erste Versuche, sich von Deutschland etwas abzuschauen. Spanien und Portugal haben etwa Ausbildungsabkommen mit Deutschland verabschiedet. Doch das Problem ist die Schuldenkrise in den Staaten. Woher das Geld für Investitionen nehmen, wenn allerorts gespart werden soll? „Die Staaten sind in der Schuldenfalle“, sagt Sonnet, „daher scheuen sie Investitionen in Bildung.“

Zudem stoßen die unterschiedlichen Interessen der Sozialpartner aufeinander. Gerade im Süden sind die Gewerkschaften stark – doch sie vertreten die Menschen, die bereits einen Job haben. Die Firmen in diesen Staaten wiederum wollen gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten nicht auf die Flexibilität von befristeten Arbeitsverhältnissen und kurzfristigen Kündigungen verzichten.

Die EU verspricht derweil Geld. Rund sechs Milliarden Euro haben die Staats- und Regierungschefs vergangene Woche zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit lockergemacht. Ist das die Lösung? Sonnet findet Strukturreformen wichtiger. „Schon vor dem Ausbruch der Krise gab es in den Krisenstaaten strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt für Jugendliche.“ Die müssten jetzt angegangen werden. „Eine Lost Generation kann sich Europa nicht leisten.“