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Tatort Erfurt

 

Die ARD-Krimiserie Tatort bekommt ein weiteres Ermittlerteam. Wie der Mitteldeutsche Rundfunk als produzierende Anstalt am Montag mitteilte, werden Alina Levshin, Friedrich Mücke und Benjamin Kramme ab 2013 in Erfurt als Fernsehkommissare auf Verbrecherjagd gehen. Damit wird Erfurt nach Berlin und Leipzig die dritte ostdeutsche Tatort-Stadt.

In der Thüringer Landeshauptstadt ist man entzückt. Oberbürgermeister Andreas Bausewein hofft, so erzählte er es dem MDR, auf einen „immensen Schub für den Bekanntheitsgrad“ der Stadt, während Thüringens Staatskanzlei-Chefin Marion Walsmann von „viefältigen wirtschaftlichen Perspektiven“ spricht. Ob sie dabei potenzielle Aufträge für Erfurter Catering-Firmen (das Filmteam muss ja essen und trinken) oder die Beherbergungsbranche im Sinne hatte, ließ sie einstweilen offen.

Seit der Bekanntgabe der Entscheidung sinniert man in Erfurt schon über mögliche Stoffe der Thüringer Tatort-Folgen. Da hat die Stadt ja doch einiges zu bieten. Anfang 2009 zum Beispiel wurde die Symbolfigur des in Erfurt ansässigen „Kinderkanals“, Bernd das Brot, von ihrem Standort am Rathaus entführt. Tagelang blieb die Suche nach der mannshohen Plastikpuppe erfolglos, bis im Internet ein „Bekennervideo“ auftauchte. Das legte den Schluss nahe, bei den Entführern handele es sich um Hausbesetzer, die damit gegen die drohende Räumung ihres soziokulturellen Zentrums auf dem Gelände der ehemaligen Ofenfabrik Topf&Söhne (die Firma, die unter dem Wahlspruch „Stets gern für Sie beschäftigt“ das Krematorium im NS-Vernichtungslager Auschwitz gebaut hat), protestieren wollten. Später stellte sich heraus, dass die Urheber des Videos wohl „nur“ Sympathisanten ebenjener Besetzer waren. Bernd wurde schließlich im Keller eines verlassenen Hauses in Nohra bei Weimar unversehrt gefunden.

Apropos Kinderkanal: Der hatte ja vor nicht allzu langer Zeit auch einen Skandal mit einem Herstellungsleiter, der über Jahre hinweg mehrere Millionen Euro aus dem Sender abgezweigt und in diversen Casinos verzockt hat. Der Mann sitzt mittlerweise im Gefängnis und soll dort, so hört man, hin und wieder Unterhaltungsabende organisieren.

Da hätten wir als mögliche Themen also schon: Entführung, Hausbesetzung, Spielsucht und Betrug. Gelänge es den Tatort-Machern, mit einem Augenzwinkern die „Puffbohne“ aufzugreifen (so nennen sich die eingeborenen Erfurter scherzhaft selbst), käme noch eine Geschichte im Rotlicht-Milieu in Frage. Wobei das aber den Erfurtern gegenüber dann doch ungerecht wäre, hat doch die lustige Bezeichnung eher was mit der Gartenbau-Geschichte der Stadt zu tun.

Im Jahr 1978 war Erfurt Schauplatz eines Fernsehkrimis der DDR-Serie „Polizeiruf 110“. Die Folge mit dem Titel „Bonnys Blues“ soll, so liest und hört man, eine der schlechtesten der ganzen Serie gewesen sein. Mal sehen, ob es die Tatort-Leute besser hinkriegen.