Die Olympischen Spiele sind eine komische Sache. Man erkennt sich nicht wieder. Plötzlich interessiert man sich für Hockey oder kann – zumindest annähernd – sagen, was eine gute Vorlaufzeit bei den 400-Meter-Lagen der Herren ist. Man redet mit.
Offenbar geht das auch unserem Bundespräsidenten so. Da er aber für die großen Auftritte zuständig ist, schaut er nicht fern, sondern ist vor Ort, in London bei den Athleten. Da kann man als Bürger schon mal ein bisschen neidisch sein. Und man kann sich ruhig ein bisschen ausmalen, wie das wäre, wenn man Tony Martin träfe oder Roger Kluge.
Was aber macht der Bundespräsident? Er sagt nicht zu Cindy Roleder: „Du machst das schon“, oder zu Nadine Müller: „Stell Dir einfach vor, an der 70-Meter-Marke steht Dein Mathe-Lehrer – den wirste doch wohl treffen mit dem Diskus.“ Der Bundespräsident kommt nach London, steigt auf die MS „Deutschland“ und sagt: „Der Sport gehört in die Mitte der Gesellschaft. Die, die sich anstrengen, sind nicht depressiv. Selbstvertrauen erlaubt ihnen, ein erfolgreicher und lebenslustiger Mensch zu sein.“ Mal abgesehen davon, dass das mit dem depressiv nicht stimmt, weil mann/frau ja als Sportler öfter mal den anderen gratulieren muss nach einer Niederlage: Was soll diese Phrase mit Selbstvertrauen, erfolgreich und lebenslustig?
So also hört sich das verbale Schulterklopfen von Joachim Gauck an. Und dann fängt er auch noch an, von früher zu erzählen, von der DDR. „Wenn man die Beton-Treppenhäuser hochgeht“ – damit meint er wohl das Olympische Dorf in London – „denkt man an sozialistische Neubaugebiete, in denen ich manchmal gelebt habe“. Was wollte er dem deutschen Team damit sagen, vor allem den ostdeutschen Sportlern? Denkt an Marzahn und sagt Euch: Nie wieder?
Und dann setzt er motivationstechnisch noch einen drauf: „Der Olympiasieg von Ulrike Meyfahrth in München 1972 hat mich besonders beeindruckt.“ So war das also in Güstrow und Rostock? Bei Olympia 1972 hat die DDR die BRD im Fußball mit 3:2 besiegt, Renate Stecher ist allen davongerannt und hat dabei fast die Männer überholt (wie auch immer sie das geschafft hat) und nicht zu vergessen Kornelia Ender… Doch beeindruckt war Joachim Gauck von Ulrike Meyfahrth. Nun mag das ja auch Teil seiner Opposition gegen SED und die DDR gewesen sein, aber irgendwie hört sich das doch nach einem ausgefeilten präsidialen Interzonen-Statement an. Vielleicht hätte er einfach gesagt: Ach, eigentlich interessiere ich mich garnicht für Sport.