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Nase vorn im Förder-Wettlauf?

 

Thüringen hat im Jahr 2011 mit Fördermitteln Investitionen im Land in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeschoben. Diese Erfolgsmeldung verkündete Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) am 19. September im Landtag in Erfurt. Damit sei Thüringen „das erfolgreichste Land“ im Osten, „was Investitionen angeht“. Besser noch als der in den letzten 20 Jahren oft beneidete Nachbar Sachsen, der beim Aufholwettbewerb mit dem Westen meist die Nase vorn hatte – im Ost-Vergleich, versteht sich. Sachsen hat es nämlich nur auf 1,2 Milliarden Euro gebracht.

Wie viele Millionen Euro Fördergeld Thüringen beigesteuert hat, um die 1,5 Milliarden ins Land zu holen, hat Machnig nicht näher erläutert. Die Förderquoten für Investitionen sind aber – je nach Programm – schon beträchtlich. Wir gehen mal, grob geschätzt, von ein paar hundert Millionen Euro aus. Für das laufende Jahr prognostiziert Machnig Investitionen von einer Milliarde Euro in Thüringen. Damit ist ja schon mal ein Anfang gemacht beim 1.000-Milliarden-Investitions-Bedarf für den Osten, den eine Unternehmensberatung letztens im Auftrag von Machnig ausgerechnet hat. Rechnen wir die Zahlen von Thüringen und Sachsen auf Ostdeutschland hoch, könnten im letzten Jahr so an die sieben bis acht Milliarden Euro in Ostdeutschland investiert worden sein. Das ist nur eine geschätzte Zahl, aber sie lässt ahnen, dass es mit der Billion bis 2030 ganz schön eng wird, wenn es in diesem Tempo weitergeht. Und wenn den Steuerzahlern bis dahin nicht die Puste ausgeht und sie die Fördermillionen nicht mehr zusammenbringen.

Dass mit Fördergeld Unternehmen an bestimmte Standorte gelockt oder zu Investitionen animiert werden sollen, ist ja nichts Neues. Das macht man in der Bundesrepublik (West) auch schon seit Jahrzehnten. Was aber ist eine Investition wert, die nur durch staatliches Geld, also Steuern überhaupt ausgelöst wird? Was ist ein Unternehmen wert, das solche Investitionen nur mit Hilfe des Steuerzahlers und nicht aus eigener Kraft stemmen kann? Der einstige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hatte ja vor zehn Jahren bei der Eröffnung des neuen Nobelkarossen-Werks in Leipzig den Leitsatz formuliert: Luxus und Stütze passten nicht zusammen, weshalb Porsche die im Staatssäckel bereitliegenden Millionen Fördergeld nicht haben wollte. Dafür gab’s vom Bund der Steuerzahler im Jahr 2004 den „Sächsischen Steuerzahlerpreis“, welcher kein Preis fürs Steuerzahlen ist, sondern einer für das Nichtausgeben von Steuern. Wiedekings Nachfolger haben jetzt vom selben Bund den „Schleudersachsen“ erhalten. Das ist auch ein Preis, aber ein tadelnder. Den gab es für den Antrag auf über 40 Millionen Euro Fördergeld, die Porsche für den Ausbau seines Werks in Leipzig haben will. „Luxus und Stütze passen auch heute nicht zusammen“, lautet die ziemlich nachvollziehbare Begründung des Steuerzahlerbundes.

Sachsen-Anhalt hat vor einigen Jahren übrigens mal den Antrag eines Herstellers von Tiefkühl-Backwaren auf Fördermittel für ein weiteres Werk abgelehnt. Begründung: Man habe schon den Bau von drei Werken im Süden des Landes gefördert, da könne das Unternehmen das nächste Werk doch mal alleine bezahlen. Die Firma hat dann im wenige Kilometer entfernten Thüringen gebaut, wo es natürlich Fördermittel gab. Da war Thüringen wieder ganz weit vorn im Wettlauf um Investitionen.