Viele Jahre lang war es die TLG Immobilien GmbH, die ehemaliges DDR-„Volkseigentum“ privatisierte. Nun wechselt sie selbst in private Hände. Vorerst wird nur die TLG Wohnen an den Hamburger Wohnungskonzern TAG verkauft. Was mit den Gewerbe- und Büroimmobilien geschieht, ist noch unklar.
Genauso wie die Frage, was der Eigentümerwechsel für die Bewohner der mehr als 22.500 TLG-Mieteinheiten in Ostdeutschland bedeutet. Die TLG und der Bund versichern zwar, dass „umfangreiche Regelungen zum Schutz der Mieter“ vereinbart seien.
Eine ähnliche Sprachregelung gab es jedoch schon bei dem Verkauf von rund 48.000 Wohnungen der Stadt Dresden an den Immobilienkonzern Gagfah. Auch damals gab es eine „Sozialcharta“. Der weitere Fortgang der Geschichte gibt wenig Anlass für Optimismus.
Vom Verkauf der TLG-Wohnungen sind Mieter in ganz Ostdeutschland betroffen. In Dresden wechseln die Wohnungen der Max-Klinger-Siedlung den Besitzer. Andere Wohngebiete tragen noch heute Namen, die an ihre DDR-Vergangenheit erinnern – in Rostock etwa am Patriotischen Weg oder die rund 360 Wohnungen am Juri-Gagarin-Ring in Erfurt. Auch in Stralsund, im Berliner Umland und in Merseburg in Sachsen-Anhalt müssen sich Mieter in größeren Wohnanlagen auf andere Zeiten einstellen.
Die Umwidmung der Treuhand-Tochter
Der Bund hatte die Privatisierung seit Mitte der neunziger Jahre geplant. Nun wird sie durch die Lage an den Finanzmärkten begünstigt. Seit Monaten schon gibt es eine gestiegene Nachfrage nach deutschen Immobilien. Die Grundlage für den heutigen Deal wurde jedoch schon vor mehr als zehn Jahren gelegt, als sich die TLG vom Abwickler und Verkäufer zum „aktiven Portfoliomanager“ wandelte. Es war auch die Zeit, als die TLG begann, schwarze Zahlen zu schreiben.
Gegründet wurde das Unternehmen 1991 als eine Tochter der Treuhandanstalt. 1995 hatte der Bund schließlich die Anteile übernommen. Es bekam den Namen TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft. Zwei Jahre später folgte eine weitere Umbenennung in TLG Immobilien GmbH. Durch Änderungen der Satzung verabschiedete sich die Gesellschaft teilweise vom alten Treuhandauftrag. Dieser hatte die TLG unter anderem verpflichtet, nicht betriebswichtige Gebäuden und Flächen der DDR-Betriebe zu verwalten. Schon damals waren aber auch viele Werkswohnungen in ihren Bestand übergegangen.
Im Jahr 2002 waren die Erlöse aus Vermietungen bereits höher als die Gewinne aus dem Verkauf. Die Gesellschaft richtete sich neu aus. Heute baut und saniert, vermietet, kauft und verkauft die TLG Immobilien und Grundstücke in ganz Ostdeutschland. Spektakulär war im Jahr 2006 die Übernahme der Hotel-de-Saxe-Gesellschaft in Dresden mitsamt dem Steigenberger-Hotels gegenüber der Frauenkirche. Aufsehen erregte auch 2004 der Kauf der Gewerbe-Immobilie „Spreestern“ in Berlin.
„Stark im Osten“
„Stark im Osten“ sieht sich die TLG heute selbst – als „die Nr. 1 für Immobilien in Ostdeutschland“. Tatsächlich scheint ihre Neuausrichtung aus betriebswirtschaftlicher Sicht gelungen. Noch im Jahr 2000 verwalteten mehr als 1.100 Mitarbeiter rund 27.000 Objekte. Das Jahresergebnis lag bei einem Minus von 84,7 Millionen Euro. Im Jahr 2011 waren es nur mehr 1.054 Objekte, betreut von einem Viertel der Mitarbeiter. Jahresgewinn nach Steuern: 18,4 Millionen Euro. Erfahrung und Marktkenntnis sind den fast 300 TLG-Mitarbeitern nicht abzusprechen. Ermöglicht auch durch die (noch) dezentrale Struktur mit Zentrale und Niederlassung Nord in Berlin, zuständig für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Niederlassung Süd in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Seit rund zehn Jahren erwirtschaftet die TLG Gewinne. Allein 2009 und 2010 flossen nach Angaben der Gesellschaft rund 30 Millionen Euro an den Bund. Sogar im Krisenjahr 2009 schrieb die TLG schwarze Zahlen. Obwohl der Bestand an Immobilien abnahm, stieg ihr Wert auf zuletzt rund 1,7 Milliarden Euro. Saniert wurde die TLG ab der Mitte der neunziger Jahre aber auch durch Entwicklung von stadtnahem Ackerland zu Bauland. Der Zugriff auf die „Umwidmungsflächen“ war damals nicht ganz unumstritten. Es kam zum Konflikt mit anderen Eignern der Berliner Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Diese durfte jedoch bald nur noch kleinere Flächen vermarkten. Den Zugriff auf alle größeren bekam die TLG.
Im vergangenen Jahr feierte die Gesellschaft unter dem Motto „20 Jahre Vorsprung“ ihr Jubiläum. Der Bund startete unterdessen einen neuen Anlauf zur Privatisierung. Diese war 2008 nach dem Ausbruch der Finanzkrise gestoppt worden. Interessenten gab es, doch die Preisvorstellung des Bundes von rund 850 Millionen Euro für die gesamte TLG war damals nicht zu realisieren. Jetzt hat Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) etwa die Hälfte davon verbucht.