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Wir basteln uns ein Image: Was Kampagnen manchmal auch aussagen

 

Irgendwie scheinen Politiker dem Selbstwertgefühl ihrer Landeskinder nicht so recht zu trauen. Wie sonst ist es zu erklären, dass landauf, landab dauernd irgendwelche Image-Kampagnen erfunden werden? Da werden von Werbeagenturen Slogans erfunden, die den Touristen und Einheimischen klarmachen sollen, wo sie gerade sind und was das Besondere dieses Landstriches ist. Griffig muss so eine Kampagne sein, auf das Wesentliche reduziert und sie muss vor allem die Alleinstellungsmerkmale des Landes herausstellen. So lauten immer die Aufträge an die Werbeagenturen.

Leider kommen da gelegentlich nur ziemlich nichtssagende Sachen raus. Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Das Land an der Ostseeküste „tut gut“. So lautet sein Werbeslogan. Ein warmes Bad tut das auch, möchte man antworten und bleibt ansonsten mit der Frage allein, warum man nach Anklam oder Dranske fahren sollte.

Problematischer sind da schon Kampagnen, deren zentrale Aussagen viel Interpretationsspielraum lassen. Dass zum Beispiel Baden-Württemberg alles kann außer hochdeutsch, möchte man angesichts des Gezerres um den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs mittlerweile doch ein wenig bezweifeln.

Sachsen-Anhalt will, so teilte Ministerpräsident Reiner Haseloff kürzlich mit, auch künftig mit der Botschaft für sich werben, das „Land der Frühaufsteher“ zu sein. Diesen Spruch hatte vor einiger Zeit mal eine Werbeagentur aus einer Studie geschlussfolgert, dass die Menschen zwischen Arendsee und Zeitz morgens ein paar Minuten früher aufstehen als alle anderen in Deutschland. So manches Landeskind findet diesen Spruch aber mittlerweile gar nicht mehr witzig, wie beispielsweise Peter S. aus Oschersleben, der in einem Leserbrief an die Magdeburger Volksstimme schimpfte: „Ich schlafe gerne länger, kann es aber nicht, weil ich auswärts arbeite. Wie sehr viele Arbeitnehmer aus Sachsen-Anhalt.“ Wer ein paar Hundert Kilometer zu dem Arbeitsplatz fahren muss, den er zu Hause nicht gefunden hat, kann solche Sprüche schon als zynisch empfinden.

Dass manche Image-Kampagne von der Wirklichkeit schnell ad absurdum geführt werden kann, zeigt auch ein Beispiel aus Thüringen. Im Jahr 2011 warb der Freistaat in Zeitungsanzeigen und auf Plakaten mit der Aussage „Das ist Thüringen“ und Fotos von erfolgreichen Landeskindern wie dem Model Eva Padberg für sich. Nachdem aber im November 2011 Fotos eines ausgebrannten Wohnmobils in Eisenach mit den Leichen von zwei rechtsextremen Terroristen darin in den Zeitungen und auf TV-Bildschirmen zu sehen waren, stellte man die Kampagne erst einmal ein. Nicht dass noch jemand auf die Idee kommt, dass auch das Thüringen sein könnte.

In Brandenburg hat man die Zweischneidigkeit solcher Image-Kampagnen wohl erkannt. Dort wurde, so heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Raimund Tomczak nach den Ergebnissen von Analysen zum Image des Landes vom September, man habe „von ursprünglichen Überlegungen zur Durchführung einer Imageanalyse … zunächst Abstand genommen, da davon auszugehen ist, dass das Bild des Landes gegenwärtig von der Debatte über die verschobene Eröffnung des Flughafens BER beeinflusst ist“. Bestechend ehrlich.

Das Bild Restdeutschlands von Sachsen ist hingegen weiterhin vom Dialekt seiner Einwohner geprägt, was man in der Staatskanzlei in Dresden wohl irgendwie uncool findet. Deshalb soll nun eine millionenschwere Kampagne dafür sorgen, dass die Menschen in Deutschland an Innovation und Kultur denken, wenn die Rede auf Sachsen kommt. Den Slogan dafür soll nun eine Agentur finden. „Der Sachse liebt das Reisen sehr. Nu nee, ni das in’n Gnochen; drum fährt er gerne hin und her in sein’n drei Urlaubswochen“, sang einst Leipziger Kabarettist Jürgen Hart. Vielleicht ist das ja eine Anregung. Aber da denkt man doch gleich wieder an die früh aufstehenden Arbeitspendler aus dem Nachbarland. Und in Sachsen müssen ja auch noch ziemlich viele Menschen ziemlich zeitig aufstehen.