Ist Berlin noch Osten? – Ja, und wie.
Es ist zwar schon einige Jahre her, aber „lange“ kann man das nun wirklich nicht nennen: Damals, so um die Jahrtausendwende, wurde in Berlin über Leerstand diskutiert. Natürlich auch woanders im Osten und auch ein bisschen im Westen, aber eben – und das erscheint heute unwirklich – in Berlin.
Es gab damals Konzepte über „Zwischennutzungen“, das Wort „Kiez“ wurde wieder eingeführt, Kultur sollte zum Standortfaktor werden, es gab „Leuchtturmprojekte“ und Experten sprachen davon, dass sich die Immobilienbesitzer schon aufgrund der Bevölkerungsentwicklung daran gewöhnen müssten, dass sie mit ihren „Objekten“ kleinere Gewinnbrötchen backen. Das alles war damals.
Heute ist eine Wohnungsbesichtigung in Berlin eine Art Klassenfahrt für Erwachsene: Am Ende der Gruppenreise durch diese fernen neuen Räume bleibt die Erinnerung an eine Phantasiewelt, die man selbst Jahre später nie erreichen wird. Ein Jugendtraum.
Wahrscheinlich hat es Berlin ein wenig zu gut gemeint und die Leuchtturm-Strahler zu doll aufgedreht, jedenfalls ist die Stadt wohnungsmäßig ausgebucht. Und so denken einige: Lasst uns alles einfach so wie früher machen, als keiner mehr hier wohnen wollte. Und so hat Berlin jetzt beschlossen: „Neue sind scheiße!“ Genauer gesagt hat das das Bezirksamt Pankow (eine Verwaltung, die auch das Gentrifikations-Epi-Zentrum Prenzlauer Berg mitverwaltet) noch schnell zum Jahresabschluss 2012 neue Immobilienregeln zusammengezimmert, die die Mietenhochtreiber fern halten sollen.
Hier ein paar Beispiele der neuen Anti-Immobilienhai-Paragraphen:
1. Einbau eines zweiten Bades – verboten
2. Änderung des Grundrisses der Wohnung – verboten
3. Einbau eines Kamins – verboten
4. Verbesserung der Wärmedämmung – kann das Amt verbieten
Das Ganze trägt die Überschrift: „Prüfkriterien für Anträge in den Erhaltungsgebieten“ und soll dazu dienen, dass die Wohnungen in Pankow und Prenzlauer Berg bezahlbar bleiben.
Zusammenfassend könnte man vielleicht auch sagen: Unjewaschen, kleen und kalt is schick! Aber das ist natürlich Blödsinn, weil es nicht stimmt.
Statt Neubauten und Investitionen anzuregen und zu befeuern, verhängt Pankow das „Zweit-Bad-Verbot.“ Hört sich an wie Osten. Ist es auch.
Ein Viertel kann man nicht mit Absicht ranzig halten, wenn die Leute es so ranzig nicht mehr wollen. Wer irgendwo wohnt, in diesem Fall in Pankow, geht arbeiten, spart, will davon dann in dem einen Jahr Laminat und im nächsten Parkett, zwei Jahre später einen Kamin und nach zehn ein „Bie Dee“. Und neue „Bie Dees“ soll es in Pankow nicht geben? – Das ist doch …