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Gegönnt sei’s den Guten…

 

Die Thomana, die berühmte Leipziger Dreifaltigkeit aus Thomaskirche, Thomasschule und Thomanerchor feiert in dieser Woche ihr 800-jähriges Bestehen. Im Grunde tut sie das schon seit Anfang dieses Jahres. Doch die eigentliche Festwoche wurde erst gestern, am Reformationstag, eröffnet. Einen Herzlichen Glückwunsch also auch von hier aus!

Den warmen Worten, die nicht zuletzt beim Festgottesdienst in der Thomaskirche gesagt worden sind, will ich aber nichts hinzufügen. Was wäre ich auch für ein Journalist, wäre ich nicht immer auch ein wenig unzufrieden mit der Zufriedenheit und fände ich nicht auch in dieser Suppe das Haar: Da würdigt also der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, die „Verantwortlichen in Kirche und Stadt“, dass sie „auch in widerständigen Zeiten für das Zusammenhalten von Glauben, Singen und Lernen gestritten“ hätten. Worauf er „Gott und vielen glaubensstarken Menschen“ dafür dankte, dass man jetzt feiern kann.

Auch wenn der EKD-Chef sicher nicht nur darauf anspielte: So einfach gesagt, klingt es aber, als wären Kirche, Chor und Kasten einst auch gegen die Mächtigen in der DDR mutig verteidigt worden. Das stimmt so nicht. Danken können hätte der Präses neben Gott und den Genannten auch den DDR-Mächtigen. Dafür dass sie sich einmal nicht wie die Taliban vor den Buddhas von Bamiyan aufgeführt haben. Dafür dass sie die Thomaskirche nicht wie viele andere samt ihrem kulturellen und geistlichen Erbe platt machten, wie die Paulinerkirche, nur wenige hundert Meter entfernt.

Warum nicht, ist klar: So wie Kreuzchor und Semperoper in Dresden oder Preußens Bauten in Berlin waren die Thomaskirche und vor allem der Chor viel zu bedeutend – für das internationale Ansehen und als Magneten für Touristen und Devisen. Darum wurden solche Nischen beobachtet und verschont. Aus demselben Grund, aus dem sogar DDR-Bonzen einst in der Thomaskirche andächtig klatschten, kann sich Leipzigs Oberbürgermeister heute über einen der „wichtigsten Bausteine“ eines „Tourismusmagneten“ freuen. Das ist gar nicht schlimm, es ist am Ende sogar gut so. Es ist nur einfach so – und nicht so, wie es in manchen Festreden klingt.

Trotzdem seien den Guten die guten Worte ebenso gegönnt wie die Tatsache, dass sie heute nicht an einem Grab gesprochen werden müssen. Denn Gräber gab es vor allem in der früheren DDR-Zeit genug, auch für Kultur. Und an vielen spricht oder singt heute kein Mensch mehr.