Ich weiß nicht, wer Angela Merkels Reden schreibt. Ebenso wenig, wie viel Hand sie selbst an ihre Manuskripte anlegt. Sicher bin ich nur, dass eine Kanzlerin, die so lange fast nichts zu brennenden Asylbewerberheimen gesagt hat, und dann (am morgigen Mittwoch) doch noch nach Heidenau reist, nachdem ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel bereits dort war („Pack!“) – dass eine Kanzlerin, die sich also zu diesem Schritt entscheidet, eine gewisse Fallhöhe aufgebaut hat.
Zwar hat Angela Merkel sich bereits am Montag zu fremdenfeindlichen Übergriffen geäußert, aber das war im Rahmen einer Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten. Das reicht natürlich nicht, wenn an mehreren Tagen in Folge geplante Flüchtlingsunterkünfte gebrannt haben. Die Erwartungen an Merkels Auftritt in Heidenau sind also groß, und zwar zu Recht.
Denn die bittere Wahrheit ist, dass es weitere rassistische Übergriffe und Brandstiftungen geben wird. Merkel kann sich aber nicht jedes Mal selbst überbieten. Die Aufgabe für morgen besteht darin, eine Formulierung oder ein Bild zu finden, das auch in Monaten noch als Referenzpunkt Bestand hat. Es wäre fatal, wenn ihr Besuch verpufft.
Gesucht ist deshalb ein Satz, der bleibt. Oder eine Geste, die nachwirkt. Eindringlichkeit ist gefragt, Eindeutigkeit, Empathie. Eine Formel, die in aller Kürze eine kompromisslose Haltung ausdrückt. Die zitabel ist. Wiedererkennungswert hat. In jede Bildunterschrift passt.
Die sich also, kurz gesagt, unterscheidet von der Art und Weise, wie Merkel für gewöhnlich spricht und agiert. Aber man kann angesichts dieser Gewaltwelle eben weder „die Dinge vom Ende her denken“, noch warten, was sich so entwickelt, bevor man eine Meinung entwickelt.
Ich weiß nicht, wer Angela Merkels Reden schreibt. Ebenso wenig, wie viel Hand sie selbst an ihre Manuskripte anlegt. Aber morgen, in Heidenau, hoffe ich, dass wir Angela Merkel einmal unplugged erleben – und dass sie diesen Satz oder diese Geste findet.