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Deutscher Meister wird nur die Schachgesellschaft Solingen

(Copyright Georgios Souleidis) v. l. Chanda Sandipan, Jörg Wegerle, Teamchef Herbert Scheidt, Florian Handke, Jan Smeets (verd.), Alexander Naumann, Richard Rapport, Robin van Kampen, Predrag Nikolic
(Copyright Guido Giotta) v. l. Chanda Sandipan, Jörg Wegerle, Teamchef Herbert Scheidt, Florian Handke, Jan Smeets (verd.), Alexander Naumann, Richard Rapport, Robin van Kampen, Predrag Nikolic

Es war ein Machtwechsel mit Ansage. Baden-Baden ist nicht mehr Deutscher Meister im Schach. Nach 10 Titeln in Folge wurde das Starensemble nach einem dramatischen Saisonverlauf von der Schachgesellschaft Solingen abgelöst. Solingen bleibt damit mit 12 Titeln alleiniger Rekordmeister, zumindest wenn man – wie etwas unverständlicherweise üblich – auch die Siege aus der Zeit vor der Gründung der Bundesliga in ihrer jetzigen Form 1980 mitrechnet. Weiter„Deutscher Meister wird nur die Schachgesellschaft Solingen“

 

Kandidatenturnier 2016: Vishy Anand macht kurzen Prozess – Karjakin von Aronjan eingeholt

Sechs Runden sind beim Kandidatenturnier 2016 in Moskau absolviert und das Feld fängt langsam an, sich zu sortieren. Der Weg zum Sieg wird dieses Jahr allerdings wohl nur über Sergey Karjakin führen – der Russe agiert bisher sicher und gut vorbereitet, schlechte Stellungen sitzt er mit großer Geduld und Zähigkeit aus. Weiter„Kandidatenturnier 2016: Vishy Anand macht kurzen Prozess – Karjakin von Aronjan eingeholt“

 

Kandidatenturnier 2016: Karjakin besiegt Anand und führt

In einer munteren vierten Runde des Kandidatenturniers in Moskau bekamen die Zuschauer zunächst ein schnelles, aber zumindest optisch keineswegs langweiliges Remis zu sehen. In einer scharfen halbslawischen Variante entbrannte zwischen Hikaru Nakamura und Anish Giri eine theoretische Diskussion, für die sich beide als bestens vorbereitet erwiesen. Giris König landete schnell auf dem etwas ungewöhnlichen Posten f6, aber der junge Holländer dürfte noch nicht einmal besonders aufgeregt gewesen sein, denn ihm war die Position mit Sicherheit noch aus seiner Hausanalyse bekannt. Weiter„Kandidatenturnier 2016: Karjakin besiegt Anand und führt“

 

Die Elo-Zahl, der 32-Ender des Schachspiels

Die Elo-Zahl, der 32-Ender des Schachspiels
Hat jemand mehr? © Christopher Furlong/Getty Images Europe

Lange vor unserer Zeit zermarterten sich die Schachspieler ausschließlich über das Spiel auf dem Brett den Kopf. Sie organisierten Turniere und Wettkämpfe, um die Besten unter ihnen zu ermitteln, die fortan den Titel „Großmeister“ tragen durften. Weltweit gab es von diesem edlen Menschengeschlecht nur einige wenige Dutzend Vertreter, die ersten fünf wurden vom russischen Zaren persönlich zum Großmeister ernannt. Objektive Kriterien zur Messung der Spielstärke gab es so gut wie keine. Weiter„Die Elo-Zahl, der 32-Ender des Schachspiels“

 

Das Walnuss-Massaker

Ein Eichhörnchen inspiziert am Dienstag (15.09.2009) in Berlin eine Walnuss. Die Gattung der Eichhörnchen ist mit 190 Arten eine der größten Gattungen in der Hörnchen-Familie. In Europa ist nur das Europäische Eichhörnchen heimisch. In Wäldern und Parks sind sie häufig anzutreffen, wobei sie sehr schnell zutraulich werden und sich füttern lassen. Bereits im Altertum war das Eichhörnchen als "Spieltier" besonders bei Kindern sehr beliebt. Sein Körper ist ca. 25 bis 30 cm lang, hinzu kommt der kräftige, buschig gescheitelte Schwanz von fast 20 cm Länge. Es ist sehr leicht und wiegt zwischen 300 und 500g. Eichhörnchen ernähren sich von Nüssen, Bucheckern, Fichtenzapfen, Obst und frischen Trieben. Foto: Rainer Jensen dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++
Voll auf die Nuss (Foto: Rainer Jensen dpa/lbn +++(c) dpa – Bildfunk+++)

Eigentlich dachte ich, in 22 Jahren Schach alle Abgründe gesehen zu haben. Vor Jahren bekam ich mit, wie ein Senior sich während einer Runde hinter einer Gardine die Unterhose wechselte. Ein anderes Mal steckte sich ein Schachfreund mehrere alte Brotlaibe ein, die im Rahmen einer Kunstausstellung auf einer Theke ausgelegt waren. So mancher Spieler rauft sich während einer Partie so stark die Haare, dass seine Brettseite von Schuppen und Haarbüscheln übersät ist; der Gegner überlegt dann vielleicht zweimal, ob er dort wirklich eine Figur schlagen und in die Hand nehmen möchte. Nichts eignet sich so gut für Charakterstudien wie ein Besuch in einem Turniersaal. Weiter„Das Walnuss-Massaker“

 

Jetzt spielt Katar auch Schach

Offene Turniere gibt es im Schach viele, doch außer den Teilnehmern interessiert sich eigentlich niemand dafür. Zu viel schachliche Ausschussware wird nämlich produziert durch Partien mit teilweise riesigen Spielstärkeunterschied in den ersten Runden. Gegen Ende des Turniers tasten sich die Profis in den Spielen ab, wenn sie nicht gleich direkt Remisen verabreden. Sich da die wenigen Rosinen herauszupicken, kann für Außenstehende eine mühsame, wenig befriedigende Aufgabe sein.

In den vergangenen Jahren aber gab es erfreuliche Entwicklungen. Viele wirklich starke Spieler sind bereit, sich in Opens zu stellen, die dadurch immer mehr echten Festivalcharakter bekommen. Aktuell läuft in Katar bereits die zweite Auflage eines nach der Aussage der Veranstalter der stärksten Open, die es jemals gab. Immerhin zehn Spieler aus den Top 40 der Welt sind im Emirat mit von der Partie, angeführt von einem gewissen Magnus Carlsen, der sich wohl nicht nur durch die Aussicht auf die schon stattliche Siegprämie von 27.000 US-Dollar, sondern auch durch ein saftiges Antrittsgeld locken lassen hat.

Und das mehr als 40 Jahre nachdem das letzte Mal ein Weltmeister (Boris Spasski) einen solchen Schritt gewagt hat. Insgesamt sind etwas über 100 Spieler am Start, darunter auch sechs Deutsche, unterhalb einer Meisterstärke ist eine Teilnahme nahezu unmöglich. Gespielt wird in einer riesigen Indoor-Sportanlage, natürlich in der größten der Welt, unter den Sponsorenbannern von Bentley oder Qatar Airways. Ein kleiner, luxuriöser Saal, mit großzügiger Beleuchtung, Holzverkleidung und schweren Teppichen.

Jeden Tag gibt es aufs Neue Dutzende hochklassige, reizvolle Begegnungen. Kennt jemand Nino Batsiashvili? Die junge Frau aus Georgien nahm – in rote High Heels gekleidet, wie die Schachpresse begierig aufgriff – in der ersten Runde Carlsen ein Remis ab. Mit Schwarz. Dieser berappelte sich daraufhin und gewann zumindest seine nächsten drei Begegnungen, nachdem er, wie ebenfalls allerorts berichtet, beim Fußball wieder eine Runde Selbstbewusstsein getankt hatte.

Die meisten Favoriten haben bereits mehr Punkte abgegeben, so musste der Exweltmeister Wladimir Kramnik bereits zwei Unentschieden quittieren gegen Kacper Piorun aus Polen und Daniele Vocaturo aus Italien, beide von den Schachfreunden Berlin. Zwei Internetportale übertragen und kommentieren live, es gibt Interviews, Zusammenfassungen, Tabellen satt. Die Spannung steigt, Kurzremisen sind verboten.

Und: Xavi Hernandez, der ehemalige Star des FC Barcelona, der jetzt in Katar angeheuert hat, durfte unter großem Tamtam den ersten Zug einer Runde ausführen (was ihm allerdings nur im dritten Anlauf gelang). Kann man Schach überhaupt noch besser präsentieren? Katar will scheinbar auch im Schach eine Großmacht werden, zumindest im Organisieren sind sie es schon.

Aber die Sache hat Haken. Da wäre zunächst die Frage, wo eigentlich zum Beispiel die ganzen israelischen Spitzenspieler abgeblieben sind? Oder warum das Turnier unbedingt über die Weihnachtsfeiertage stattfinden soll?

Und dann gibt es noch solche generellen Dinge, wie Menschenrechte. Es gibt viele, die die Fußball-WM 2022 in Katar ignorieren, gar boykottieren wollen, aufgrund der Dinge die da mächtig schief laufen beim Bau der Stadien und der Infrastruktur allgemein (und des protzigen Spiellokals im Speziellen). Sollten wir als Schachspieler nicht auch darauf verzichten, das System mit unserer Anwesenheit zu honorieren?

Leider lassen wir uns beim Schach viel zu leicht kaufen. Die Kassen ständig leer, viele Einzelkämpfer, jeder Spieler muss sehen, wo er bleibt, wie er an die lukrativen Einladungen, Trainingsaufträge und den Aufenthalt in Luxushotels gelangt – letzteres unter Schachspielern durchaus eine ernstzunehmende Währung.

Wenn solche Turniere wie Katar oder auch Dubai, Al-Ain oder andere in der reichen Golfregion  genau das anbieten, was sich die von der großen Konkurrenz in Europa gebeutelten Spieler gegenseitig mit größter Mühe abjagen müssen, dann ist es kein Wunder, dass solche Verlockungen nicht verschmäht bleiben. Merkwürdig ist es eher, dass die wenigen, die nicht darauf angewiesen sind (wie zum Beispiel der Weltmeister Carlsen), trotzdem hinfahren.

 

Er kann seine Titel nicht mehr zählen

Am dritten Adventswochenende endete in Saarbrücken die 86. Deutsche Meisterschaft im klassischen Schach. Es gewann der Großmeister Klaus Bischoff, eine der bekanntesten Figuren im deutschen Schach, sei es in seiner Rolle als unterhaltsamer Kommentator und lebende Anekdotensammlung oder unangefochtener deutscher Rekordmeister (13 Titel) im Blitzen. Er muss es bei jeder Siegerehrung aufs Neue nachrechnen. Schnellschachmeister war er auch mehrfach. Mannschaftsmeister alleine mit Bayern München – neun Mal. Doch im Einzel war es nach 2013 erst sein zweiter Titel, zum zweiten Mal löste er den Nationalspieler Daniel Fridman ab.

Bischoff lieferte sich über das gesamte Turnier einen spannenden Zweikampf mit seinem Großmeisterkollegen Vitaly Kunin, bevor er in der vorletzten Runde überraschend gegen den Außenseiter Christian Braun verlor. Bischoff, der in seiner jahrzehntelangen Karriere nun wirklich alles Menschenmögliche gesehen und erlebt haben muss, konnte sich in dieser Partie offenbar nicht an seine eigene, ein Jahrzehnt zurückliegende Begegnung gegen den Chinesen Li Shilong erinnern, gegen den er in identischer Stellung deutlich stärker fortgesetzt hatte. Bischoff musste bald aufgeben, er schien raus aus dem Titelrennen.

Doch in der Schlussrunde wendete sich das Schlachtenglück noch einmal. Bischoff besiegte mit Schwarz den ungestüm angreifenden Jungstar Alexander Donchenko, der von Kindesbeinen von seinem Vater, einem ebenfalls starken Meister trainiert wird und im Gegensatz zu seinem Prinzenkollegen Matthias Blübaum wohl eine Profikarriere anstrebt. Bischoffs Konkurrenten spielten allesamt unentschieden, nach Zweitwertung gewann er den Titel – er hatte im Verlaufe des Turniers rechnerisch gegen leicht bessere Gegner als Kunin gespielt, der Vizemeister wurde. Der Hamburger Jüngling Rasmus Svane wurde Dritter und auch sonst hatte die Jugend einige gute Platzierungen zu vermelden – der 16-jährige Dmitrij Kollars wurde Sechster, der elfjährige Vincent Keymer (dem selbst der große Garry Kasparow bereits Weltklasse-Potenzial bescheinigte) Zehnter.

Wenn Ihnen als Leser viele dieser Namen nichts sagen, liegt es nicht an Ihnen, sondern am Modus der Deutschen Meisterschaft. Seit Jahren halten sich die meisten echten Spitzenspieler fern. Sowohl der magere Preisfonds, als auch das Teilnehmerfeld, welches sich zum größten Teil aus den Gewinnern der ebenso dürftig besetzten Meisterschaften der Landesverbände speist, oder die Austragungsorte mit Saarbrücken als dauerhafte Notlösung, auf die jedes Mal zurückgegriffen wird, wenn niemand die Meisterschaft ausrichten will (also sehr oft) – all das ist nicht sonderlich attraktiv für Spieler, die nicht gerade auf Preisgelder angewiesen sind oder dringend Spielpraxis benötigen.

Dabei könnte man sich viel aus dem Ausland abgucken. In den Niederlanden ist die Meisterschaft ein Turnier der besten Acht, sich für die wenigen freien Plätze zu qualifizieren, ist eine große Ehre. In unzähligen anderen Ländern, ob Finnland, Polen oder Armenien, werden auf der Meisterschaft Plätze im Nationalteam ausgespielt, die Turniere selbst sind teilweise in große Festivals eingebettet, wo neben dem Hauptevent auch Frauen, Jugendliche oder Amateure zum Zuge kommen dürfen, und das alles vielleicht sogar in einer großen Stadt. Bei uns schickt man die Spieler wie 2012 ins sachsen-anhaltinische Osterburg – es ist schon schwer, einen Ort in Deutschland zu finden, der noch weiter von der Autobahn entfernt ist. Die deutsche Meisterschaft ist nun mal eine lästige Pflicht, die schnell und unbemerkt vorübergehen soll, damit niemand bemerkt, dass sie diesen Status kaum verdient.

Klaus Bischoff wird dies alles egal sein. Viel Aufsehen um seine Person ist ihm eh nicht wichtig, auf wie neben dem Brett ist er nicht gerade ein extrovertierter Charakter. Seinen Erfolg wird er im Stillen genossen haben. Und auch für die Nationalmannschaft muss er sich nicht mehr beweisen – er gewann mit Deutschland bereits schon einmal Silber, bei der Olympiade 2000 in Istanbul.

 

Wie ich gegen Viswanathan Anand Remis spielte

Wie es bei Heldengeschichten so ist, das darf ich bei aller Bescheidenheit sagen, wären sie oft um ein Haar gar nicht geschrieben worden. Am Vorabend der Blitz-WM wurde ich, noch sehr von meinem Abschneiden beim Schnellschach deprimiert, ins Schiedsrichterbüro gerufen. Dort eröffnete man mir, dass auf der Seite des Weltschachbundes aus bisher ungeklärten Gründen ein kürzliches Turnierergebnis von mir gelöscht worden sei, bei dem ich einige Elo-Punkte gutgemacht hatte. Dies würde mich nun in der Startrangliste des nächsten Tages um viele, viele Plätze zurückwerfen und mir die Chance auf einen attraktiven Erstrundengegner verhageln.

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Ich werde das Fallobst sein

Ich stehe auf der Teilnehmerliste einer Weltmeisterschaft. Etwas, was ich später meinen Enkeln erzählen kann. Und das nicht irgendwo, sondern in Berlin, wo ich schon seit fast zehn Jahren in einer Mannschaft spiele, wo ich viele Freunde und sogar einige, ja, nennen wir sie Fans, habe, die mir vor Ort die Daumen drücken werden. Und ich bin zur Eröffnungsfeier eingeladen, bei der die Europapremiere des Films Pawn Sacrifice über das legendäre Match Fischer-Spassky in Reykjavík 1972 gezeigt wird. Ich werde gemeinsam mit Toby Maguire, Magnus Carlsen und Boris Spassky persönlich über den gleichen roten Teppich laufen. Eine Woche vor Beginn der Blitz- und Schnellschach-WM fehlen mir die Superlative, um meine Vorfreude angemessen zum Ausdruck zu bringen.

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Ein Match für die Geschichtsbücher

Peter Svidler kann es nicht fassen (@ Fide)
Peter Svidler kann es nicht fassen (@ Fide)

Es war zum Davonlaufen, zum Schreien, zum Verzweifeln. Man hätte Gläser kaputthauen, Türen eintreten können. Peter Svidler hatte in der neunten Partie des denkwürdigen World-Cup-Finals in Baku in total gewonnener Stellung einen Turm eingestellt, so wie es bei uns Mittwochabend manchmal in der Kneipe nach ein paar Schwarzbier zu viel passiert. Karjakin nahm den Turm weg, er verschlang ihn geradezu. Svidler fiel in sich zusammen, versank in seinem Sessel, erstarrte. Nach einigen quälenden Sekunden streckte er zum fünften Mal seine Hand zur Aufgabe, nachdem er zuvor im gesamten Weltcup noch keine einzige Partie verloren hatte. Karjakin ging mit 5:4 in Führung. Weiter„Ein Match für die Geschichtsbücher“