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Schachfieber damals und heute

 

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Screenshot: José Raul Capablanca, Schachweltmeister von 1921 bis 1927 in dem Film Schachfieber von 1925

Über einen Mangel an medialer Aufmerksamkeit konnten sich die Organisatoren der Schacholympiade 2014 in Tromsø nicht beklagen. Das norwegische Fernsehen berichtete täglich mehrere Stunden und erreichte dabei regelmäßig Einschaltquoten über 30 Prozent, Schachfans konnten die Partien aus Tromsø live und kommentiert im Internet verfolgen, Spieler und Spielerinnen aus allen Ländern der Welt gaben vor, während und nach den Runden kurze Interviews, die wenig später bei Youtube zu sehen waren.

Schon früher nutzte man moderne Medien, um Schach der Öffentlichkeit zu präsentieren. Nicht immer und nicht oft, aber zum Beispiel in Moskau 1925, dem ersten Schachturnier der Geschichte, das allein mit staatlichen Mitteln finanziert wurde – Ausdruck und Zeichen der staatlich geförderten Schachbegeisterung in der noch jungen Sowjetunion.

In zwanzig Runden traten zehn der besten Spieler der Sowjetunion und elf der besten Spieler der Welt gegeneinander an. Sieger war am Ende überraschend Efim Boguljubow, ein in Russland geborener Meister, der sich zwar nach Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland niedergelassen hatte, aber damals noch offiziell Sowjetbürger war. Platz zwei ging an den Ex-Weltmeister Emanuel Lasker, Platz drei an den amtierenden Weltmeister José Raul Capablanca aus Kuba.

Am Rande des Turniers entstand Schachfieber, ein Stummfilm, in den man Aufnahmen vom Turnier und seiner Teilnehmer hineinmontierte. Der Film erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der so vom Schach besessen ist, dass er den Termin seiner Hochzeit vergisst. Seine Verlobte will daraufhin nichts mehr von ihm wissen und irrt voller Kummer durch die Straßen Moskaus. Zufällig trifft sie Weltmeister Capablanca, der sie trösten will und zum Schachturnier einlädt, an dem er teilnimmt. Dort wird auch sie vom Schachfieber gepackt, versöhnt sich mit ihrem Verlobten und einem Happy End steht nichts mehr im Wege. Weltmeister Capablanca spielt sich in diesem Film selber und hat so der Nachwelt ein filmisches Bild seiner Person und seines Auftretens hinterlassen.

Schachfieber war der erste Film, den der sowjetische Regisseur, Schauspieler und Filmtheoretiker Wsewolod Illarionowitsch Pudowkin (28. Februar 1893 bis 30. Juni 1953), allein inszenierte. 1926, ein Jahr nach Schachfieber drehte Pudowkin den Film Die Mutter, der laut Wikipedia „neben Panzerkreuzer Potemkin von Sergei Eisenstein zu den wichtigsten Filmen der sowjetischen Filmgeschichte“ gehört.

Schach und moderne Medien 1925: Der Film Schachfieber

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