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Bildungsstandards – Worum geht es dabei eigentlich?

Zum  jüngst stattgefundenen Ländervergleich der Schülerleistungen in Deutsch und Englisch anhand von Bildungsstandards  ist das Wichtigste nachzulesen im Interview mit den IQB-Chefs (den Bildungsforschern Olaf Köller, Petra Stanat und Hans Anand Pant).

Mehr über Bildungsstandards und den Streit um sie, findet sich in einem ZEIT-Artikel aus dem Jahr 2006: „Was sind Bildungsstandards?“

Und wer ganz tief ins Thema einsteigen will, der studiere die sogenannte Klieme-Expertise aus dem Jahr 2003. Eckhard Klieme leitet die Arbeitseinheit Bildungsqualität und Evaluation beim Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (Dipf) in Frankfurt und verantwortet den deutschen Teil der Pisa-Studie 2009.

 

Heute in der ZEIT: Wer hat recht im Schulstreit?

Jetzt muss ich mal ganz plump Werbung für die Papier-ZEIT machen: Heute heißt die Titelgeschichte „Welche Schule ist die richtige?“ Auf vier Seiten im Ressort Chancen gibt es Orientierungshilfe im Schulstreit (Gymnasium, Gesamtschule, Primarschule …), der Bildungshistoriker Elmar Tenorth erklärt die historischen Hintergünde des Streits, es gibt Tipps für Eltern zur Schulwahl und eine Karte mit den unterschiedlichen Schulsystemen der Länder.

 

Pisa-Papst gegen Primarschule/aktualisiert

Aktualisiert am 14.6.10

Normalerweise mischt er sich nicht in die aktuelle Bildungspolitik ein: Jürgen Baumert, Deutschlands Erziehungswissenschaftler Nummer eins, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und, seitdem er die erste Pisa-Studie in Deutschland geleitet hat, als „Pisa-Papst“ bekannt.

Nun kann man in einer Spiegel-Vorabmeldung lesen, dass er sich gegen die Verlängerung der Grundschulzeit in Hamburg auf sechs Jahre (Primarschule) ausgesprochen hat.

Wer die Primarschule aus ideologischen Gründen herbeisehnt, den wird das nicht aus der Bahn werfen, wer Argumenten aus der Wissenschaft zugänglich ist, der wird ins Nachdenken kommen.

Hier wörtlich die betreffende Passage aus dem Spiegel-Interview (Ausgabe 24 vom 14.6.2010, Seite 42):

„Spiegel: … Früher wurde über die Gesamtschule debattiert, derzeit steht in Hamburg ein Volksentscheid unter anderem über die sechsjährige Grundschule an. Was sagt der Bildungsforscher dazu?

Baumert: Der Kern der Reform ist ja die Vereinfachung der Schulstruktur im Sekundarbereich. Die Zusammenführung von Haupt- und Realschule zu einer einzigen Schule neben dem Gymnasium war in allen Ballungsgebieten überfällig, um die Konzentration der schwierigsten Schüler in wenigen Schulen zu vermeiden. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit. Zweigliedrigkeit war überfällig, und sie war politisch und historisch möglich. Aber musste man gleichzeitig den Streit um die Gymnasien beginnen und auch noch das humanistische Gymnasium antasten?

Spiegel: Hamburgs schwarz-grüner Senat sagt: ja. Denn sechs Jahre gemeinsames Lernen brächte viele Vorteile gegenüber der vierjährigen Grundschule.

Baumert: Mag sein, aber belastbare empirische Evidenz für die Wirkungen einer zweijährigen Verlängerung der Grundschule kenne ich nicht.“

Das Interview enthält noch weitere interessante Passagen. Also: Spiegel kaufen, oder warten, bis das Interview ins Netz gestellt wird.

 

Tschüß, Skandinavien-Mythos!

Sind die Schulen in den nordischen Ländern (Schweden, Dänemark, Norwegen, Island, Finnland) besser und gerechter als die deutschen? Dieser Mythos ist spätestens seit der ersten Pisa-Studie weit verbreitet und hat viele Pilgerfahrten nach Skandinavien ausgelöst.

Ein sehr interessanter Aufsatz von Bildungsforschern der Uni Kiel zerstört jetzt (jetzt im Sinne von: jetzt habe ich ihn gerade gefunden) diesen Mythos. Allein Finnland (das aber auch kaum Einwandererkinder vorzuweisen hat) liegt überall in der Spitzengruppe. Auf der Ebene der Schulen und des Unterrichts findet sich wenig, das man abgucken kann.

Genaueres im Artikel der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft.

 

„Feminisierung“ der Schule schadet Jungs nicht

Jungs würden in der Schule benachteiligt, weil sie vornehmlich von LehrerINNEN unterrichtet würden – so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil (dem zugegebenermaßen auch ich nachhänge).

Der Soziologe Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin ist diesem Vorurteil nachgegangen. Das Ergebnis seiner Untersuchungen in Kürze:

  1. Männliche Lehrkräfte wirken sich nicht  positiv auf den Bildungserfolg von Jungen aus.
  2. Der pauschale Ruf nach mehr Männern im Lehramt kann sogar nachteilige Folgen für die Kompetenzentwicklung von Jungen und Mädchen haben.

(Wenn Sie hier klicken, kommen Sie zu seinem Beitrag)

Damit ist die Debatte sicher nicht beendet (zum Beispiel ist weiter offen, inwiefern sich die Feminisierung der Schule schädlich auf die Entwicklung der Jungs auswirkt), aber Marcel Helbig hat erst einmal einen wichtigen Pflock eingeschlagen.

 

Bildungsforscher glauben an Primarschule

Auf einer Tagung in Hamburg hat sich eine Reihe von Erziehungswissenschaftlern hinter die geplante Einführung der Primarschule in der Hansestadt, eine sechsjährige Grundschule, gestellt; ihre Argumente sind in einem Artikel in der Welt nachzulesen.

Wenn man genau hinschaut, wird aber klar, dass keiner der anwesenden Wissenschaftler (bekannte Bildungsforscher, die die Primarschule skeptisch sehen, nahmen an der Tagung gar nicht teil) harte empirische Daten vorweisen kann. Es wird dort viel vermutet und geglaubt – wie im Rest der Gesellschaft. Die Entscheidung für oder gegen die Primarschule ist und bleibt eine politische, die nicht auf die Forscher abgeschoben werden kann.