So Kinder: Jetzt ist mal Schluss mit Harry Potter, Tintenblutherztod und all diesem anderen Fantasyzeug. Denkt doch mal an die Realität! Wie der Schriftsteller Klaus Kordon: „Die literarische Fantasy-Welt ist meiner Ansicht nach auch eine große Gefahr für Kinder, weil sie mit der Realität, in der sie leben, gar nicht konfrontiert werden.“ Denn: „Ich stelle mir so ein Hartz-IV-Kind vor, das nur Geschichten über Prinzessinnen und Drachen liest und die Wirklichkeit völlig ausblendet.“
Ja, so ein Hartz-IV-Kind. Vielleicht liest es gerade deswegen Fantasy, da es durch seinen Präfix ohnehin schon genug der harten Wirklichkeit teilhaftig wird? Besser als Drogen zu nehmen oder rumzulungern, könnte man meinen. Oder in Zeiten von PISA mal grundsätzlich gesprochen: Schön! Dass! Es! Überhaupt! Ähem: Liest! Und was ist mit den Saab-900-Kindern? Dürfen die noch Rowling lesen, Funke und Colfer? Weil ihre Realität so schön ist mit Blümchenkleidern, Sommerurlaub und Lederranzen, dass ihnen Drachen und Prinzessinnen nicht schaden?
Nun, was würde Kordon empfehlen? Marx, Adorno, wenigstens Brecht? Nö, nichts weiter, jetzt kriegt das Fernsehen noch sein Fett weg. Dort gebe es „eine Sehnsucht nach heiler Welt“. „Es kommt so viel Schrott im Fernsehen. Vor ein paar Jahren hätte man gesagt, das kann man nicht senden. Aber offensichtlich ist es so: Je seichter es ist, desto besser die Einschaltquote.“ Gut, soviel Gratismeinung muss drin sein.
Und die Kultur verfällt auch mal wieder: So gebe es in der Gesellschaft einen Trend „weg von allem Realistischen, Aufrüttelnden und Beunruhigenden.“ Also liebe Eltern, gebt euren Kindern beunruhigende Literatur, damit sie mal wieder auf den kratzigen Teppich unserer Gesellschaft kommen, wo Prinzessinnen in Frau-im-Koma-Zeitschriften stehen und Leute wie Herr Kordon ihnen vorschreiben können, welche Bücher sie kaufen, lesen und gut finden sollen.