Ich, der sich seit einigen Tagen durch den neuen Uwe Tellkamp liest, ächzt und auch staunt, suchte die literarische Erdennähe: Ich musste ein Buch kaufen für eine Freundin eines Freundes. Ich kenne sie kaum, aber man ist höflich. Schließlich hatte sie Geburtstag und mich eingeladen, das ist ja auch nicht selbstverständlich.
In einer großen Hamburger Buchhandlungskette hoffte ich auf Rat, eine Dame mit blauen Namenschild spulte ihr Kannischihnenirgendwiebehilflichsein ab – und da ich sagte, das Buch sei für eine mir nicht sehr bekannte Frau noch faltenfreien Alters, landeten wir nach einigen Schlenkern vor der Abteilung „Freche Frauen“.
„Hier finden Sie was!“ beschied mich die Dame mit abverkaufssicherer Stimme und nickte mir ermutigend zu.
Diese Sparte war mir dahin gänzlich unbekannt. Dabei ist sie riesengroß: drei Regale, berstend gefüllt, nur die „Klassiker“ sind größer. Aber nicht so bunt! Rosa, hellblau, malvenfarben pastellte es von den Einlegeböden, brannte sich eine neue, geheimnisvolle Welt ein. Offenbar die der modernen Frau. Nach drei, vier, fünf Titeln war jedoch klar: Hier finde ich sicher nichts, weswegen ich mich nicht später gehörig schämen müsste. Zöge man Rückschlüsse auf die Frauen nur anhand der Buchtitel, wäre das weibliche Geschlecht ausschließlich dick, auf verzweifelter Suche nach einem Mann und ständig pleite. Oft auch alles drei zusammen. Naja, bitte, hier eine Auswahl der Titel:
Die Dispo-Queen, Lizenz zum Seitensprung, Vom Umtausch ausgeschlossen, Die Schnäppchenjägerin, Da hilft nur Schokolade, Liebe mit Jojo-Effekt, Kleine Sünden zum Dessert, Halbnackte Bauarbeiter, Reich heiraten!, Club der wilden Mütter, Geht’s noch?, Die Supermamis von Manhattan, Ein unmoralisches Sonderangebot, Au Pairs – dringend gesucht!
Wer liest denn so ein Zeug? Manchmal standen die Bücher in dreifacher Ausführung im Regal. Sucht man Ovids Metamorphosen: Ha, Dasmüssenwirwohlbestellensorry. Aber freche Frauen sind immer auf Lager. Wie gesagt, drei Regale. Meinen Lieblingstitel möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Männer sollten ihn nie (!!!) ihrer Liebsten schenken. Sowieso sollte er aus sämtlichen Buchhandlungen, Antiquariaten und auch dem VZLB entfernt werden. Er heißt, das denke ich mir nicht aus: Ist mein Hintern wirklich so dick?
„Na, was gefunden?“ Die Buchhandlungsdame hatte sich geräuschlos neben mir materialisiert und guckte erwartungsvoll.
Ich stapfte an ihr vorbei, zur normalen Belletristik. Auf dem Weg – diese Buchhandlungen sind ja riesig – überlegte ich, wie eine vergleichbare Sparte für Männer aussehen müsste. Mir fiel nichts ein (bin aber immer noch für Vorschläge dankbar.)
Ach ja: Ich kaufte Franny und Zooey von J.D. Salinger. Das sollte bitte jeder einmal lesen.