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Mrs Robinson oder: Die Gleichberechtigung ist da!

 

In letzter Zeit auch wieder öfters Simon & Garfunkels Mrs Robinson im Ohr gehabt?

Kein Wunder. Kaum ein Berichterstatter konnte sich einen Bezug auf diesen bald 42 Jahre alten Song verkneifen. War auch zu nahe liegend. Eine Frau in den besten Jahren, die auch noch Iris Robinson heißt, hat eine Affäre mit einem 19-Jährigen.

Obwohl – darüber regt sich heutzutage eigentlich schon kaum mehr jemand auf. Sicher, die Frauenmagazine und die Goldenen Blätter bringen in schöner Regelmäßigkeit Geschichten, die einen Trend zum jungen Liebhaber feststellen und in denen prominente Damen darüber berichten dürfen, wie wunderbar es ist, und wie problemlos sie den Altersunterschied bewältigen. Schnarch.

In der aktuellen Mrs-Robinson-Story stecken allerdings noch ein paar scharfe Details, die dafür sorgen, dass sie seit Tagen nicht aus den Schlagzeilen kommt.

Mrs Robinson ist nicht nur verheiratet, sondern das auch noch mit dem Ministerpräsidenten Nordirlands. Sie selbst ist unter anderem Parlamentsabgeordnete und sitzt im Stadtrat von Castlereagh bei Belfast. Ebendieser Stadtrat suchte nach einem Mieter für ein Café in schöner Lage an einem Fluss. Worauf Mrs Robinson zwei befreundete Bauunternehmer angeblich dazu brachte, ihrem Liebhaber je 25.000 Pfund an Kredit zu überweisen. 5000 Pfund musste er ihr gleich „zurückzahlen“, damit sie Schulden begleichen konnte.

Für einen der Bauunternehmer betrieb Iris Robinson Lobbying. Und im Stadtrat selbst erwähnte sie nicht, dass sie persönliche und finanzielle Beziehungen zu jenem Mann hatte, der schließlich als einziger Kandidat ausgewählt wurde.

Ende 2008 informierte die erzkonservative Protestantin (die Homosexualität mit Pädophilie gleichsetzt, was ihr beides Übelkeit verursache) ihren engsten politischen Berater, sie habe das Verhältnis beendet. Sie war mittlerweile draufgekommen, dass Gott wohl doch nicht so ganz damit einverstanden gewesen wäre. In weiterer Folge forderte sie von ihrem Exliebhaber das ihm geliehene Geld zurück. Allerdings nicht, um es den beiden Bauunternehmern rückzuerstatten. 20.000 Pfund solle er an ihre Kirche überweisen.

Seither herrscht in Nordirland Aufruhr. Iris Robinson selbst ist wegen starker Depressionen im Krankenhaus. Sie habe bereits im März versucht, sich das Leben zu nehmen, heißt es, kurz nachdem ihre Familie von dem Verhältnis erfahren hatte.

Peter Robinson legte für sechs Wochen seine Ämter zurück, um sich um seine privaten Probleme kümmern zu können. Und das heikle Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten in der nordirischen Regierung ist stark gefährdet. Große Aufregung in einem Land, das in der Vergangenheit verhältnismäßig weniger Aufregung über ein paar durchaus prominente Fälle von Kindesmissbrauch zeigte.

Die Zeitungen – auch die hiesigen – haben seit Bekanntwerden der „Sexaffäre“ ihren Spaß. Welches Wort darf nicht fehlen, wenn eine ältere Frau mit einem jüngeren Mann? Richtig, Toyboy. Gern wird auch darauf hingewiesen, dass sie seine Großmutter sein könnte. „Teenie-Sex“ hat es ein deutsches Boulevardblatt gar suchmaschinenfreundlich genannt.

Neuesten Erfindungen Gerüchten zufolge habe Mrs Robinson ihren Toyboy gar um Sex angebettelt und mit SMS bombardiert. Ganz zu schweigen vom Sex im ehelichen Himmelbett und in schwarzen Spitzendessous. (In manchen Redaktionen muss das Reinigungspersonal derzeit wohl öfter mal feucht durchwischen. Und manche Redakteure kommen vor lauter Empörungssarbeit wohl kaum dazu, ihre eigenen außerehelichen Affären zu beglücken.)

Ach ja, was soll man sagen? Die Emanzipation hat einfach eine weitere Stufe erklommen. Was man bislang hauptsächlich von Männern gewohnt war, tun jetzt auch die Frauen: das Ausnutzen von Machtpositionen für Freundschaftsdienste. Haben wir wirklich geglaubt, das würde nicht passieren? Um einen Spruch von Heidi Kabel abzuwandeln: Die Emanzipation ist erst dann vollendet, wenn genauso viele unfähige Frauen wie Männer in verantwortlichen Positionen sind.

All das, was man sich bei ähnlichen Affären (Berlusconi et al.) bisher dachte, trifft auch auf die Affäre Robinson zu. War sie wirklich zu schwach, im entscheidenden Moment Stop zu sagen? (Sie kannte den jungen Mann seit seiner Kindheit, und das Verhältnis begann, nachdem sein Vater gestorben war und sie sich – vorerst mütterlich – um ihn kümmerte.)

Sah sie tatsächlich nicht die Unvereinbarkeiten, den Amtsmissbrauch, den ihre Vermittlungstätigkeit bedeutete? Und zu guter Letzt: Wie kann eine angeblich schwer gläubige Christin die Ehe brechen?

Die Erklärung ist vermutlich für beide Geschlechter die gleiche: Wer erst einmal so weit oben ist, fühlt sich unverwundbar. Und vermutlich hat er in dieser Position schon so viele ähnliche Freundschaftsdienste miterlebt, das sie für ihn nichts Besonderes mehr sind.

Wenn man aus dieser Geschichte also etwas lernen kann, dann dies: Männer und Frauen sind einander ähnlicher, als uns das jeden Tag weisgemacht wird. Frauen hatten nur bis jetzt weniger Gelegenheiten, diese Ähnlichkeiten auszuspielen.

Immerhin gibt es drei eindeutige Nutznießer dieser Affäre:
– der junge Liebhaber, dessen Café in diesen Tagen wohl so gut läuft, dass er keine Kredite mehr braucht.
– Simon & Garfunkel, die sich mit den aktuellen Tantiemen zwei bis drei neue Häuser bauen können.
– und Tiger Woods. Der ist fürs Erste vergessen.