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Alley Cat – der gedruckte One-Night-Stand

 

Nachdem ich ja vor kurzem das neue Männermagazin Trip einzig und allein deshalb kritisch beäugt habe, weil ich eine Frau bin, ist diesmal nun das – halbneue – Frauenmagazin Alley Cat dran. (Obwohl sich vielleicht eher ein Kollege darum kümmern hätte sollen, als ausgleichende Gerechtigkeit.)


Alley Cat richtet sich an „junge Frauen zwischen 18 und 35“ und ist laut Eigenbeschreibung „… wie ein intimes Gespräch mit der besten Freundin, jung, unverblümt, sexy, provokant, ehrlich, fantasievoll, sinnlich“ und macht „Schluss mit dem diktierten Performance-Zwang von Job bis Bett …“ Das kann man nur begrüßen.

Ebenso gilt, wie auch bereits bei Trip, dass jedem neuen Magazin heutzutage erst einmal laut gratuliert werden muss. In diesem Falle war es sogar eine Einfrau-Initiative von Ina Küper, die das Heft bereits seit 2008 herausgibt, damals noch mit Kredit und im Eigenverlag. Nun hat sich Burda den Titel geschnappt, wozu man Ina Küper nur noch mehr gratulieren muss. Vermutlich schläft sie seither um einiges ruhiger.

Nur, vielleicht sind sie um ein paar Jahre zu spät dran?

Alley Cat ist ein Magazin für junge Frauen, deren Leben aus Männersuche und Männerpflege zu bestehen scheint. Das, was Cosmopolitan so unerträglich macht, weil es Frauen nicht mehr Interessen oder gar Aufgaben zutraut als sich für einen Mann aufzuhübschen, ihn zu umgarnen, abzuschleppen, einzufangen und dann mittels ausgefeilter Unterwäsche- und Sextricks möglichst lange bei Laune zu halten. Und dazwischen macht man mit den Mädels Party.

Das soll jetzt nicht als feministische Standardreaktion missverstanden werden! Das Leben besteht einfach nicht nur aus der Suche nach dem richtigen Mann und der richtigen Unterwäsche. Auch wenn das bei 18- bis 35-Jährigen einen großen Teil des Denkens einnimmt. Aber gerade deshalb wäre es nett, diesen Frauen hin und wieder die Scheuklappen abzunehmen. (Das hilft dann übrigens auch bei der Männersuche.)

Alley Cat will und soll die Generation ansprechen, die mit Sex and the City erwachsen geworden ist, wie Ina Küper im Editorial schreibt. Aber erstens ist Sex and the City seit 2004 vorbei (wir wollen hier nicht über die Filme sprechen), und zweitens ging es darin sehr wohl auch um etwas anderes als nur um Sex. Beruf, Arbeit, Lebensentwürfe, Freundschaften – woraus so ein Leben eben besteht.

Nun also, im Jahr 2010, ein ganzes Magazin auf den Sex-Part zu reduzieren, wirkt ein wenig … ja doch, spät.

Nicht, dass der deutsche Frauenmagazinmarkt nicht etwas frischen Wind gebrauchen könnte. Doch leider hält sich Alley Cat bei den Standards an das, was alle anderen auch machen, angefangen bei kleinteiligen Wuselseiten, die Produkte anpreisen, die niemand braucht. Ein Parfum bejubeln, nur weil es „Moulin Rouge 1889“ heißt? Oh, und weil es „Männer um Ihre Hand anhalten lässt – erst mal für einen Tanz zu zweit“? Ein Armreif mit Pfauenfederoptik?

Die Nippel-Pasties, die im Burlesque berühmt und von Dita von Teese wiederbelebt wurden, klebt Alley Cat auf das Bild einer nackten Frau (man berichtige mich, wenn das keine Fotomontage ist), deren Haltung und Gesichtsausdruck eindeutig nicht zu Situationen passt, in denen man diese Dinger normalerweise trägt.

Und dann wird noch ein Ding namens „Secret Ceres“ besprochen, das angeblich die Vagina „reinigt, regeneriert und verengt“. Eine Redakteurin hat es selbst ausprobiert und empfiehlt es, ohne jedoch eine Frauenärztin zu fragen, was sie von dem Ding hält. Angesichts des Mantras vieler Ärzte, dass die meistens Vaginas mit ein wenig Seife eigentlich ausreichend gereinigt sind, wäre das an dieser Stelle Pflicht gewesen.

Nach der Produktanpreisungs-Einleitung geht es weiter wie in jedem Männermagazin. Nein, kein Freudscher Verschreiber. Wie andere Rezensionen auch bereits angemerkt haben, sieht man in Alley Cat verdammt viele nackte Frauen. In einem Text über die „Generation Sex 3.0“ (dessen Inhalt ich nicht widergeben könnte, obwohl ich ihn gerade gelesen habe), zum Beispiel.

Er wird übrigens auf dem Titel groß mit „Schamlos! Keine Regeln, keine Tabus: Was die Generation Sex 3.0 wirklich anmacht – und was Gefummel von gestern ist“ angekündigt. Und nach dieser Beschreibung hätte ich ihn nicht wiedererkannt.

Die Buchautorin Dian Hanson darf zwei Seiten lang über Frauenhintern schwärmen, was inklusive ihres dazupassenden Buches wohl ebenfalls besser in ein Männermagazin gepasst hätte. In einem Magazin für Frauen wirkt es gleichbedeutend mit der Aufforderung, sofort in die nächste Bauch-Beine-Po-Stunde zu rennen. „Der Po ist definitiv im Kommen“, sagt nämlich Frau Hanson.

Natürlich will man den Leserinnen auch, à la Brigitte, ein neues Körperbild zeigen. Die Dessous-Strecke wurde fotografiert an „Ira, 23, früher Model, Größe 34, dann keine Lust mehr auf Genussverzicht, jetzt eine rundum zufriedene Size 42“. Das klingt super! Doch was trägt Ira? Hauptsächlich Mieder und Miederhöschen, also Dinge, die etwaige Bäuche wegklemmen sollen und schon bei Bridget Jones zum Date-GAU wurden. Trägt Ira gerade mal kein Mieder, hält sie sich entweder einen Blumenstrauß strategisch günstig vor den Bauch oder steht in so viel Gegenlicht, dass man sie kaum erkennt. Was bleibt, sind üppige Brüste und wunderbar weich wirkende Schenkel.

Model Ira, Größe 42

Selbstverständlich gibt es auch eine Strecke mit so gut wie nackten Männern, die tun, als ob sie Fußballer wären. Und was soll man sagen? Irgendwann werden einem sogar Sixpacks langweilig.

Zwei von insgesamt acht Sixpacks. Nummer Neun liegt auf dem Bauch

Alley Cat schwankt zwischen geiler Schlampe und Jungmädchen. Ein Spanking Paddle wird gschamig als Gerät „für Popohaue“ bezeichnet, das Schlafzimmer einer Redakteurin wird zu einem Plüschalptraum in Rosé umgestylt, eine andere Autorin testet, ob man als Couchsurferin die Gastgeber auch ins Bett bekommt – womit wir wieder bei der Grundannahme sind, dass Frauen immer und überall einen Mann suchen. Nach Möglichkeit übrigens einen mit einem Welpen (ad Jungmädchen).

Vielleicht hätte sie vorher zum Pralinenkurs gehen sollen: „Die kleinen Leckereien (inklusive Rezept) dürfen Sie mitnehmen – und später vernaschen, wenn auch er Lust auf Süßes hat.“ Aber erst dann!

Ein Mann darf auch zu Wort kommen, leider. „Ja, Männer sind von Trieben Getriebene. Aber nach der ersten Beutesichtung ist die Luft meist schnell raus, es bleibt beim Doppel-O: Observieren und Onanieren.“ Es geht übrigens darum, dass angeblich auch Männer neue Bekanntschaften googeln.

Was bei Trip die lustigen Berufenamen waren, ist bei Alley Cat die ewiggleiche Liste, welcher Promi welchen Körperteil für wie viel versichern hat lassen.

Einer der wenigen Artikel, der ein bisschen mehrphasig zu denken scheint und somit auch noch ein wenig aktuelles Lebensgefühl mit einflicht, beschäftigt sich mit dem Trend zum „grünen Sex“, also Dessous aus Öko-Anbau, Sextoys aus Holz (aua!) und ohne Phthalate und „grüne“ Sexclubs, die es bereits in Japan gibt.

Ich weiß, manchmal wollen Girls auch einfach nur Fun. Wenn ich jetzt mein 25-jähriges inneres Ich channele, hätte ich an Alley Cat vielleicht ein bisschen mehr Spaß. Es wäre allerdings trotzdem ein kurzer Spaß, von dem nicht viel zurückbleibt. Wie nach One-Night-Stands. Und die habe ich mir, glaube ich, schon mit 24 abgewöhnt.