Wegen ihrer rechtsextremen Hetze auf der Internetplattform Altermedia hat das Landgericht Rostock zwei 47 und 30 Jahre alte Neonazis aus Stralsund zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten, bzw. zwei Jahren und drei Monaten Jahren verurteilt. Vorab hatten sich die Angeklagten in allen Punkten schuldig bekannt, im Gegenzug hatte sich das Gericht erklärt, den zu erwartenden Strafrahmen deutlich einzugrenzen.
Vor Gericht mussten sich Axel Möller und Robert R. wegen insgesamt 50 Straftaten verantworten, darunter Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Holocaustleugnung. Der 47-jährige Möller ist nach eigenen Angaben seit 2003 für die rechtsextreme Internetplattform Altermedia tätig, der 30 Jahre alte Robert R. hatte von 2007 bis 2010 Administrator-Rechte für die Seite.Als „ein erschreckendes Maß an Menschenverachtung und auch Gewaltbereitschaft“ bezeichnet der Rostocker Oberstaatsanwalt Andreas Gärtner in seinem Plädoyer die Taten der Angeklagten. Nicht zuletzt wegen ihrer Aktivitäten sei Altermedia ein „bedeutendes Sprachrohr der rechtsextremen Szene“, erklärt Gärtner. Dies gelte besonders für Möller, dessen Name „untrennbar mit Altermedia verbunden“ sei.
„Überzeugungstäter“
Die Ausführungen im Gerichtssaal begleitet Möller mit Kopfschütteln, Schulterzucken und Kommentaren. Schon zum Prozessauftakt hatte der gelernte Kellner und umgeschulte Bürokaufmann keinen Hehl aus seiner Gesinnung gemacht. Während Gärtner die die knapp 250-seitige Anklageschrift verlas, kommentierte Möller die inkriminierten Stellen mit zustimmenden Sprüchen und nachdrücklichem Kopfnicken. Darunter befindet sich auch der Aufruf zur Tötung von Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin, eine Beleidigung der Präsidentin des Landtags von Mecklenburg Vorpommern bekräftigte er vor Gericht mit in die Höhe gereckten Daumen. In seinem Schlusswort bezeichnet er sich als „Überzeugungstäter“ und betont, „dass es unter den mir vorgeworfenen Anklagepunkten nicht einen einzigen Artikel gibt, den ich im Nachhinein bedauern oder gar ändern würde“. In einem Prozess vor dem Amtsgericht Stralsund vor einem Jahr hatte Möller noch anders argumentiert und die Verantwortung einem 2008 verstorbenen Neonazi in die Schuhe schieben wollen. Ohne Möllers Wissen habe er über drei Jahre vom Rechner des heute 47-jährigen Artikel veröffentlicht und bearbeitet. Vor dem Landgericht Rostock war jetzt die Beweislast allerdings erdrückend: Als Belege für die Möller und R. vorgeworfenen Straftaten dienten Daten und Screenshots aus Überwachungsmaßnahmen und bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmtes Beweismaterial.
Haftstrafe als „Pulitzer Preis“
In seinem Plädoyer fordert Staatsanwalt Gärtner Freiheitsstrafen in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten für Möller und zwei Jahre und drei Monate für den mehrfach vorbestraften Robert R. Er galt längere Zeit als einer der führenden Köpfe der Neonazi-Szene in Stralsund, stand mehrfach wegen Gewalttaten vor Gericht und kam zuletzt im März 2011 aus dem Gefängnis. Nach eigenen Angaben hat er seinen Kontakt zur rechten Szene im Sommer 2010 abgebrochen. Davon kann bei Möller keinerlei Rede sein: Noch vor der Urteilsverkündung hatte er gegenüber dem Gericht erklärt, er betrachte die Strafe „als eine Art von etwas anderem Pulitzer-Preis“. Seit der Gründung des Portals „Störtebecker-Netz“ als deutsche Ausgabe der internationalen Plattform Altermedia im Jahr 1997 gilt Möller als dessen Betreiber. Schon drei Jahre später stellten die Behörden in Mecklenburg Vorpommern fest, „die veröffentlichten Artikel werden offenbar im wesentlichen von Axel Möller verfasst“. Der heute 47-jährige kann auf eine fast 20-jährige politische Laufbahn in der extremen Rechten zurück blicken, die in der „Deutschen Volksunion“ (DVU) begann und ihn dann zu den Republikanern führte. Auf dem Weg durch die rechte Parteienlandschaft landete er zuletzt bei der NPD und brachte es im Alter von 35 Jahren zum stellvertretenden Vorsitzenden des Stralsunder Kreisverbandes. Doch es dauerte nicht lange, bis er die Partei im Streit verließ, seitdem bezeichnet er sich als „freien Nationalisten“. Auch auf dem 2003 gestarteten deutschen Ableger von Altermedia spart Möller nicht mit Kritik an der NPD, das heutige Mitglied der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Jürgen Gansel, nannte Altermedia eine „Dreckschleuder“ und sprach von „Desinformations-, Verleumdungs- und Spaltungsversuchen“.
Die Rechten rücken zusammen
Beim Prozess vor dem Landgericht Rostock scheinen diese Differenzen keine Rolle zu spielen. Bereits vor dem Beginn des ersten Verhandlungstages rollten Neonazis vor dem Gericht ein Transparent mit der Aufschrift „Wir sind alle Altermedia“ aus, den Prozess besuchten führende Parteifunktionäre und auch der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit schaute kurz vorbei. Auch die Holocaustleugnerin Sylvia Stolz fand einen Platz im Besucherraum, sie wurde von Möller als eine „Bekannte“ bezeichnet. Selbst die Betreiber der NPD nahen Homepage „Mupinfo“ aus Mecklenburg-Vorpommern riefen zur „uneingeschränkten Solidarität mit der Avantgarde der nationalen Medienberichterstattung“, auf. Im Gerichtssaal nahm die rechte Solidarität mit Möller im Laufe des Prozesses jedoch deutlich ab, am Verhandlungstag vor der Urteilsverkündung lauschten nur wenige Neonazis Möllers Schlusswort. Gegenüber dem Gericht kündigte er darin bereits an, „dass ich meinen Kampf gegen Ihr politisches System fortzusetzen gedenke“.