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Mit Papa am Kamin

 

Früher hatte Tobias Kuhn eine Band. Seit einigen Jahren nimmt er schöne Soloplatten auf, denn da muss er nicht so viel diskutieren. Auch auf seinem neuen Album „The Brilliant Masses“ dichtet er feinsinnige Zeilen zu überaus charmanten Tönen

The Good The Bad The Queen

Monta kommt aus Würzburg und heißt eigentlich Tobias Kuhn. Früher einmal sang er bei Miles, seit drei Jahren macht er sein eigenes Ding. Ein Mini-Album und ein großes hat er bislang veröffentlicht, dieser Tage folgt The Brilliant Masses.

Die Stücke klingen warm und vertraut. Es ist, als säße man bei Tobias Kuhn am bollernden Kamin, der Musiker mal am Klavier, mal an der Orgel, eine unsichtbare Band in der Küche. Die Stücke unterscheiden sich nicht wesentlich von denen des letzten Albums. „Mir gefiel die Stimmung, mit der wir Where Circles Begin aufgenommen haben, ich wollte das wiederholen. Ich wollte an die Sache genauso herangehen, wie damals. Deswegen hatte ich auch Herwig Zamernik wieder als Produzent dabei.“ Zu wenig Ambition? Tobias Kuhn kann sich das leisten, denn er hat einen schönen Stil. Seine Lieder klingen charmant, immer auch ein bisschen schleppend und schummrig. Er hat aus seiner Melancholie Lieder verfasst, die die Zuhörer aufrichten und erheitern.

Eine Band ist da eigentlich gar nicht. Tobias Kuhn hat fast alles allein gemacht. „Man diskutiert einfach nicht so viel wie in einer Band. Ich kann alles so haben, wie ich es möchte.“ Nur für das Schlagzeug heuerte er verschiedene Musiker an, das kann er nicht spielen. Hier und da hieb auch ein Anderer in die Tasten.

In Jörg Adolphs Dokumentation über die Entstehung des Notwist-Albums Neon Golden sieht man den Texter Markus Acher mit einem englischen Wörterbuch im Studio sitzen. Er sucht Worte, die gut klingen und sich reimen, findet welche, verwirft sie wieder. „Bei mir lief das anders, die Stücke hatten Zeit zu reifen. Die Texte sind mir ungeheuer wichtig“, sagt Tobias Kuhn. Während des vergangenen Jahres schrieb er immer wieder auf, was ihn bewegte. Das macht seine Texte sehr direkt, die Situationen, Ängste und Hoffnungen im Hintergrund werden plastisch. Manche Wendung reicht in ihrem behutsamen Umgang mit Metaphern und ihrem feinen Humor an die Lyrik des Smiths-Sängers Morrissey heran. „Exclusion is a privilege, I’m happy to be privileged, Yes I am, heißt es in Montas Capitulate; „I’ve never had a job, because I’ve never wanted one”, sang Morrissey im Jahr 1983 in You’ve Got Everything Now. Kuhns PR-Waschzettel zur Platte nennt das “brutal authentisch.” „Das Wort brutal hätte ich wohl weggelassen”, sagt er.

Vor beinahe zwei Jahren ist Tobias Kuhn Vater geworden, auch das liest man aus seinen Zeilen. Wärme und Verlustängste klingen durch und die Suche nach einem Umgang mit den Bedrohungen von innen und außen. „The blanket is all yours, It’s there to give you space. To feel the love we offer, You’re welcome to this place. Your humming sounds familiar, as if it’s always been around. Your smile is pure like water, I’ll carry you all the way up and down, over every steep step, around every single brick”, singt der Vater für seinen Sohn, ohne dass es schmalzig oder pathetisch klingt.

Tobias Kuhn ist ein großer Fan von Depeche Mode. Auf beiden seiner bisherigen Veröffentlichungen interpretierte er je ein Stück der Band neu, erst Shake The Disease, dann In Your Room. Diesmal nicht, woran liegt das? „Ich hatte schnell neunzehn Stücke zusammen, es war einfach kein Platz mehr.“ Dafür klingt der Albumtitel wie eine Anspielung auf Depeche Modes Music For The Masses. Eine weitere Huldigung der Idole? „Das ist mir gar nicht aufgefallen, das ist Zufall. The Brilliant Masses war das erste Stück, das hat mich die gesamten Aufnahmen über begleitet. Deswegen war es für mich der beste Titel für die Platte.“ Es wäre eigentlich auch eine seltsame Referenz, denn auf diesem Album findet man Vieles, aber ganz bestimmt keine Musik für die Massen.

„The Brilliant Masses“ von Monta ist als CD erschienen bei Labelmate/Klein Records

Hören Sie hier „Good Morning Stranger“. Ein schönes Video zu dem Stück sehen Sie hier.

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