Sein oder Nichtsein? William Shakespeares Hamlet eröffnet mit dieser oft zitierten Frage einen Monolog, der vom entschlossenen Handeln und der Angst vor dem Tod handelt. Das war um 1600. Mehr als vierhundert Jahre später behandelt das Label Strut Records eine Variation des Themas: Disko, oder nicht Disko, das ist jetzt die Frage.
Disco Not Disco ist eine Kompilation, die von der Angst vor der Disko handelt. Hier sind keine opulenten Streicher zu hören, keine schmissigen Rhythmen. Getanzt wird auf der Klinge. Die Künstler bewegen sich zwischen Punk, Dub und Disko. Die Unentschlossenheit macht den Reiz der Stücke aus. Schmutz und Glamour stecken oft in einem Lied.
Vivien Goldman stimmt auf schrägem Rhythmus das Stück Launderette an. Es klingt etwas Reggae, eine verzerrte Violine, dazu singt sie eigenwillig. Hinternwackeln? Fehlanzeige. Delta 5 strecken einem den Mittelfinger ins Gesicht, Mind Your Own Business – kehr‘ gefälligst vor deiner eigenen Tür! Lärmend zersägen die Gitarren aufkommendes Wohlgefallen. Euphorie wird gleich gebremst. Im Groove zu sein, heißt gegen den Groove zu sein.
Keine der Bands klingt wie eine andere zuvor. Disco Not Disco dokumentiert nicht etwa eine musikalische Bewegung. Die Musik ist wild assoziiert und nennt sich wahlweise New Wave, No Wave, New York und No New York, Belgian New Beat und Detroit Machine Music. Ach, etwas Prog-Fusion-Jazz ist auch dabei.
Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1974 bis 1986, der britische DJ Bill Brewster hat sie zusammengestellt. Seine Vision: Was nicht passt, wird passend gemacht. Ihm gelingt es, die unterschiedlichen Stücke in einen Fluss zu bringen. Wird es für einen Moment hektisch, darf sich der Hörer im nächsten erholen. So endet das Album auf der Silent Street von Maximum Joy. Der entrückte Gesang führt zurück zum Beginn der CD, zu Vivien Goldman. Am besten hört man sie also gleich nochmal.
„Disco Not Disco“ ist als CD erschienen bei Strut/!K7/Cargo.
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