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Nase im Wind

 

Bernard Sumner, der einst bei Joy Division und New Order spielte, geht noch einmal auf große Fahrt. Mit seiner Band Bad Lieutenant sucht er nach dem perfekten Popsong.

Unser Audioplayer wird derzeit überarbeitet
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Als Musiker erinnert Bernard Sumner an den Fliegenden Holländer: Auf ewig ist er dazu verdammt, die endlosen Wellengebirge der Popmusik zu befahren.

Nach Joy Division, deren Steuermann Ian Curtis abrupt von Bord ging, und New Order, die sich vor zwei Jahren auflösten, sticht er mit seiner neuen Band Bad Lieutenant in See. Während der Kapitän des verfluchten Geisterschiffs allerdings nach der wahren Liebe sucht, forscht Sumner ähnlich verzweifelt nach dem perfekten Popsong.

Mit Never Cry Another Tear geht das Projekt, für das neben Stephen Morris und Phil Cunningham (Ex-New-Order) Blur-Bassist Alex James angeheuert hat, dort an Land, wo dereinst der Gitarrenpop erfunden wurde: an der Westküste der USA Ende der sechziger Jahre. Im ansonsten eher schlichten Videoclip zur Single Sink Or Swim, durch den unbeholfen wie ein Betrunkener ein sichtlich ergrauter Sumner torkelt, kommen genau jene halb akustischen Rickenbacker-Gitarren zum Einsatz, mit denen die Byrds damals den kalifornischen Sommer in Songs gossen.

Kapitän Bernard Sumner (Mitte) und seine zwei Matrosen (© Universal)
Kapitän Bernard Sumner (Mitte) und seine zwei Matrosen (© Universal)

Der flirrende West-Coast-Sound wird mit dem parallelen Einsatz von bisweilen gleich drei dieser Instrumente heraufbeschworen – und zieht sich wie ein kleinster gemeinsamer Nenner durch das ganze Album, unterstützt von vielstimmigem Harmoniegesang.

Abgeschafft sind dagegen jegliche modernen Hilfsmittel wie die elektronischen Rhythmen, mit denen New Order ihren Britpop so lange auf der Höhe der Zeit zu halten verstanden, ganz zu schweigen von der suizidalen Grundstimmung von Joy Division.

Stattdessen setzen Sumner und seine neue Mannschaft die Segel, lassen sich den heißen Wind aus Süden um die Nase wehen und suchen in jedem Hafen nach den melancholischen Spuren verflossener Liebschaften.

Während die Gitarren wimmern und klagen, fleht Sumner gleich im Eröffnungssong ein Alter Ego an, besser die Finger zu lassen von der Liebe, weil doch bloß ein gebrochenes Herz auf den Seefahrer wartet: „Doesn’t know where he’s coming from / Reaching perfection takes too long„.

Zeilen, die sich natürlich auch als Eintrag ins Logbuch von Bad Lieutenant lesen lassen: Der verfluchte Holländer geht mit 53 Jahren noch einmal auf große Fahrt. Wohin sie ihn führen wird, weiß niemand. Der perfekte Popsong allerdings, das hat er gelernt, ist eine Suche ohne Wiederkehr.

„Never Cry Another Tear“ von Bad Lieutenant ist erschienen bei Cooperative Music/Universal

Dieser Artikel ist im Musik-Spezial in der ZEIT Nr. 42/2009 abgedruckt.