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Schwermetaller im Weltraum

 

Endzeitkitsch von Iron Maiden: „The Final Frontier“ heißt das 15. Album der Heavy-Metal-Band. Zu Hilfe! Wird es etwa ihr letztes sein?

© John McMurtrie

Deutschland im August 2010: Der Sommer geht, die Arbeitslosenzahlen sinken. Kurt Beck hat wieder gute Laune. Die Nationalmannschaft spielt unentschieden gegen Dänemark. Alle Zeichen stehen auf Gradlinigkeit. Zeit für Musik, auf die man sich hundertprozentig verlassen kann. Die nicht stört mit gewagten Thesen und unsicheren Geschlechtermodellen. Es ist die Zeit für Heavy Metal. The Final Frontier, die neue Platte von Iron Maiden, erscheint also pünktlich.

Als werkstreue Vorarbeiter des Heavy Metal haben sich Iron Maiden einen präzisen Stufenplan auferlegt: auf das Studio-Album folgt die Welttournee, folgt die Live-Platte folgt das nächste Studio-Album undsoweiter. Dieser Rhythmus, ausgerichtet an der Lebensplanung von Millionen Fans, muss aufrechterhalten werden. Es reicht allein die Vokabel Final im Albumtitel, um in Fankreisen ängstliche Reaktionen auszulösen. Sollte es sich etwa um die letzte Platte der Band handeln?

Auf ihrer 15. Platte dringen Iron Maiden endlich in den Weltraum vor. Damit hat die Band nun alle erdenklichen Schauplätze abgearbeitet, vom alten Ägypten über mittelalterlichen Hokuspokus und diverse Weltkriege bis in den Cyberspace. Ansonsten gehorcht auch The Final Frontier dem eisernen Gesetz: keine Überraschungen, davon aber jede Menge.


Stolze 76 Minuten spielt das Album, sechs von zehn Liedern erreichen die Acht-Minuten-Marke. Iron Maiden neigten zwar schon immer zum Exzess. Für The Final Frontier braucht der Hörer aber einen besonders langen Atem. Und da die Luft im Weltraum bekanntlich schnell dünn wird, beeilt sich die Band damit, so viele Ideen wie möglich unterzubringen. Immer wieder wechseln Tempo, Melodie und Arrangement. Manchmal sogar alles gleichzeitig. Das klingt recht ambitioniert und bisweilen sogar radikal für eine Band, die ihren Liedern immer noch Titel wie Isle of Avalon gibt. Allein: die pointierten Momente fehlen.

Nur wenige Eindrücke bleiben, vieles rauscht vorbei wie Weltraumschrott. In Liedern wie El Dorado oder The Talisman dreht das Raumschiff Iron Maiden seine Runden, ohne anzukommen. Dabei war es immer die große Kunst der Band, musikalisch die ganz große Leinwand zu bespielen, ohne auf Härte und Schmutz verzichten zu müssen. Den besten Platten der Band waren ihre Wurzeln im Punk und Progressive Rock immer deutlich anzuhören. In den ärgsten Momenten von The Final Frontier klingen Iron Maiden hingegen einfach wie eine durchschnittliche Bombast-Rockband mit zuviel Zeit im Studio.

Da wehen immer wieder traurige Windgeräusche heran, während Bruce Dickinson humorlose Zeilen wie „Mother Earth I can feel you / My rebirth now completed“ schmettert. Keyboardwellen täuschen Erhabenheit vor, Gitarren werden besonders bedeutungsschwer gezupft. Überhaupt wurde selten so ungelenk mit pseudo-philosophischem Endzeitkitsch hantiert wie auf The Final Frontier. Irgendwer plündert ständig die Zeit, fällt durch Orbits oder wäre gerne König geworden, wären da nicht das böse Universum und seine unbelehrbaren Bewohner.

Aufgenommen haben Iron Maiden ihre neue Platte übrigens in den legendären Compass-Point-Studios auf den Bahamas, wo bereits die Klassiker Piece Of Mind, Powerslave und Somewhere In Time entstanden. Sogar der Teppichboden sei derselbe gewesen wie 1983, jubelte Sänger Bruce Dickinson. In Kürze folgt die Welttournee.

„The Final Frontier“ von Iron Maiden ist bei EMI erschienen.