Beardyman macht alles mit dem Mund: Der Komiker und zweifache britische Beatboxweltmeister hat sein Debütalbum aufgenommen. Hörenswert und staunenswert.
Beardyman hat gar keinen Bart mehr. Aber den Künstlernamen hat Darren Foreman nach der Rasur behalten. Sein lang angekündigtes Debütalbum hat er kurzerhand I Done A Album betitelt, also in etwa „Habisch Album gemacht“. Da schwingt Selbstironie mit. Berechtigterweise: Beardyman ist zweifacher britischer Beatboxmeister, bühnenpräsenter Komiker und begnadeter Live-Improvisator – lässt sich so etwas überhaupt auf CD brennen?
Es lässt. Jedenfalls ist ein gescheites Album dabei herausgekommen. Beardyman selbst bezeichnet es in der Irish Times als „Werbung für die Live-Show“ und glaubt, er habe „einigermaßen genau die Vibes von dem eingefangen, was ich live mache, ohne einfach nur eine Show zu kopieren. (…) Ich hatte den Anspruch, etwas besser Produziertes hinzubekommen als einen Gig, also habe ich auf dem Album gemacht, was ich bei meinen Gigs nicht machen kann“.
Dabei sieht es immer so aus, als könne Beardyman bei seinen Gigs alles machen. Er beatboxt und singt gleichzeitig. Er jagt seine mundgemachten Geräusche durch eine Batterie digitaler Effektgeräte und baut aus den Loops weitgehend improvisierte Songs. Arte rückte in sogar mal in die Nähe des Jazz. In jedem Fall beeindruckte er ganze Horden von Fans mit seiner quirligen Art bei den Festivals Glastonbury, Reading oder Roskilde sowie über diverse Web-Kanäle.
Aber bei Beardyman geht es eben nicht nur um Musik, sondern auch um Soundakrobatik, um Seht-mal-her-was-ich-alles-kann, um Überraschungseffekte und um Humor. Das Album ist denn auch manchem Kritiker „gar zu zusammengewürfelt und auf witzig getrimmt“. Dem Musiker selbst ist die bunte Melange noch zu zahm: „Ich liebe die Idee eines Albums, das so eklektisch ist wie mein iPod im Shuffle-Modus, davon bin ich noch weit weg. Da gab es House-, Techno- verdrehte Elektro-, Ambient- und Singer-Songwriter- und seltsame Downbeat-Tracks, die ich nicht draufgemacht habe, damit das Album kohärent bleibt.“
Kohärent? So würde außer Beardyman selbst wohl niemand diese musikalische Wundertüte nennen, die der Klangkünstler trotz aller Studio-Sperenzchen immer noch größtenteils mit Sounds von Lippen, Zunge und Zähnen füllt. I Done A Album versammelt reichlich disparate Tracks von schrägen Elektronik-Experimenten über dubbige Psychedelia und weltmusikalisches Flair bis zu poppiger Tanzmusik.
Gag-Aspekte drängeln sich zwischen die Musik; Beardyman ist auch schon beim Edinburgh Comedy Festival aufgetreten (wie sein kleiner Bruder Jay. Sein hyperaktiver Humor speist sich bei solchen Gelegenheiten auch aus Reaktionen aus dem und auf das Publikum, ein Resonanzboden, der dem Album naturgemäß fehlt. Bei den Shows generiert Beardyman auf Zuruf Songs aus vom Publikum ausgewählten Genres – von der Bluegrass-Parodie über Mittelaltermusik bis zum Gabber-Techno.
Ohne den Liveshow-Kontext ist die CD vor allem ein stilgemischter Schaukasten für mundgeblasene Kunstwerke mit Samplegarnitur, 20 an der Zahl. Ein paar – die transsylvanische Dubstep-Polka Vampire Skank oder das mit orientalischen Schnipseln aufgepeppte Oh! zum Beispiel, das hipgehoppte Big Man, vielleicht auch das afromäßige Twist Your Ankal oder die dekonstruierte Elektropop-Hymne When You See The Light – haben durchaus Hitqualitäten. Wenn man ein kleines bisschen schräg drauf ist.
Mag sein: Wer Beardyman noch nie in Aktion gesehen hat, der versteht nicht ganz, was dieses Album soll. Aber wozu gibt’s Beardyman auf Youtube. Mit und ohne Bart.
„I Done A Album“ von Beardyman ist erschienen bei Pias/Rough Trade.
Beardyman-Konzerte in Deutschland: 18. Mai Heidelberg, 19. Mai Darmstadt, 21. Mai Berlin