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Harmonieverliebte Kalifornier

 

Ein bisschen Vampire Weekend, ein bisschen Fleet Foxes. Vor allem aber sind Local Natives gesegnet mit dem Gespür für wundervolle Melodien. Toll, das neue Album!

© Bryan Sheffield
© Bryan Sheffield

Klischees sind schlimm. Ganz schlimm sind sie als Einstieg in Texte, die Musik behandeln. Wir meinen: Metal, der donnert wie ein Düsenjäger, oder Techno, der maschinenhaft anmutet. Aber manchmal lässt sich ein Klischee einfach nicht vermeiden, also bringen wir es hinter uns. Die Local Natives stammen nicht nur aus Kalifornien, sondern klingen auch noch wie Sommer, Sonne und keine Sorgen.

Um geografisch exakt zu sein: Silver Lake heißt das Viertel von Los Angeles, in dem das Quintett seinen Wohnsitz hat. Zwar hängt in den Sommermonaten auch hier stets die berüchtigte Smog-Glocke über der Gegend, aber von der ist nichts zu merken auf Hummingbird, dem zweiten Album der Band. Stattdessen ist nicht zu überhören, dass die Entfernung zum Strand kaum 20 Kilometer beträgt. Wie flirrende Luft an einem heißen Tag steigen die Stimmen in die Höhe, miteinander verschlungen wie ein frisch verliebtes Paar im Frühling. Dazu zittern die Gitarren erhitzt und der Rhythmus hüpft so federleicht, als wäre er sonnenbesoffen.

So finden die Local Natives erneut zielsicher den toten – oder vielmehr quicklebendigen – Winkel zwischen Vampire Weekend und den Fleet Foxes, mit denen sie, als vor vier Jahren ihr Erstling Gorilla Manor erschien, vor allem verglichen wurden. Es gibt sicherlich schlechtere Referenzpunkte als diese beiden, damals gerade in den Indie-Pop-Himmel gehobenen Bands.

Tatsächlich scheinen die Local Natives von den einen den Hang zur afrikanisch beeinflussten Rhythmik entliehen zu haben und von den anderen die so komplexen wie berückenden Harmoniegesänge. Ihre eigenen Songs allerdings, die mit den himmlischen Melodiebögen, die stammen wahrscheinlich direkt vom lieben Gott. Oder fallen einem eben so ein, wenn man an einem mal nicht gar zu heißen, ausnahmsweise smogfreien Tag am Strand entlang trödelt.

Local Natives – Breakers

Dabei haben die Local Natives Hummingbird, im Gegensatz zu dem auch schon sehr sommerlichen Gorilla Manor, nicht im heimischen Kalifornien, sondern in den klimatisch vergleichsweise eher unwirtlichen Städten Montreal und New York aufgenommen. Wenn man genau hinhört, dann kann man sich nun sogar einbilden, die Songs seien nicht mehr gar so harmonieverliebt, sondern vielleicht tatsächlich ein wenig lauter und drängender geworden als auf dem Debüt. Oder die Gitarren würden es bisweilen wagen, ganz vorsichtig „Rock’n’Roll“ zu flüstern. Man könnte sogar meinen, der Schlagzeuger hätte endlich einmal ein wenig härtere Beschäftigung eingeklagt und darf die Felle nun nicht mehr nur sanft streicheln.

Aber diese Veränderungen sind herzlich undramatisch, der Charakter der Local Natives bleibt erhalten, und das ist ein großes Glück. Denn warum sollte man etwas ändern, das bereits nahezu perfekt scheint? Das einem durch bloßes Hören das Gefühl gibt, die Welt bestünde nur noch aus warmem Sand, der einem durch die Zehen rieselt. Was also gibt es zu verbessern an einer Musik, die einen direkt hinein versetzt in einen gloriosen kalifornischen Tag? Selbst wenn der, zugegeben, bloß ein Klischee ist.

„Hummingbird“ von Local Natives ist erschienen auf Frenchkiss/PIAS. Hier sehen Sie unsere Rekorder-Session mit Local Natives von 2010.