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Ach, wenn Blondie nur nicht wär‘

 

Mit The Mars Volta und At The Drive-In hat Omar Rodriguez Lopez einige der stärksten Rockalben der vergangenen Jahrzehnte aufgenommen. Jetzt erscheint das Debüt seiner neuen Band Bosnian Rainbows.

© Robin Laanen
Rodriguez Lopez (links) und Bosnian Rainbows (© Robin Laanen)

Der Typ ist schon ein Phänomen. Mehr Lockenpracht als Körper war Omar Rodriguez Lopez, als er Mitte der Neunziger erstmals auf hiesigen Bühnen zu sehen war, damals mit seiner ersten Band At The Drive-In. Es handelte sich um eine niederknienswürdige Post-Hardcore-Band – Fugazi in Perfektion, wenn man so will. Mittendrin dieser Krauskopf, seine Finger glitten das Griffbrett rauf und runter.

Bis heute dürfte der Gitarrist Rodriguez Lopez an mehr als 100 Alben beteiligt gewesen sein. Mit seinem At-The-Drive-In-Mitstreiter Cedric Bixler-Zavala betrieb er The Mars Volta. Allein 2013 hat er bisher vier Soloalben veröffentlicht, was auch in etwa dem Durchschnitt der vergangenen Jahre entsprechen dürfte. Meist gab es dort Rodriguez Lopez‘ gesammelte Prog-Rock-Eskapaden zu hören. Und unabhängig von der Frage, ob die Welt diese Aufnahmen wirklich alle braucht, zeigt die schiere Menge doch, welch manischer Musiker der Kerl aus El Paso, Texas ist.

Nun tritt Rodriguez Lopez mit einer neuen Band in Erscheinung. Bosnian Rainbows heißt sie, ihr Debüt erscheint beim Hamburger Clouds Hill Label. Sie setzt sich aus Musikern zusammen, die zuvor bereits zeitweise an seinen Solo-Produktionen beteiligt waren.

So hat Rodriguez Lopez die Frontfrau der mexikanischen Garagenband Le Butcherettes, Teri Gender Bender, sowie Nicci Kasper und Deantoni Parks engagiert. Mrs. Gender Benders klarer, poppiger Gesang und Rodriguez Lopez‘ Gitarrensoli prägen die neue Band. Das Grundgerüst bilden dabei die Synthies von Kasper und die Drums von Parks. Anders als bei den vorerst auf Eis gelegten The Mars Volta ist Rodriguez Lopez hier nicht der unangefochtene Bandleader.

Das großartige Eröffnungsstück des Album, Eli, mischt New-Age-Ästhetik, simplen Classic Rock, Prog-Elemente und Synthiepop gekonnt zusammen. Beim zweiten Song Worthless denkt man: Okay, dieses Album könnte ein großer Wurf sein. Hier schafft das Quartett die Symbiose aus Krautrock, Achtziger-Pop und Funk. Als würden die Avantgardisten Can die Sängerin Santigold zur kleinen Studiosause laden. „The pain is worth / less„, singt Gender Bender, während Rodriguez Lopez unermüdlich die Saiten bearbeitet. Auch der nächste Track funktioniert dank einer ähnlich mutigen Herangehensweise. Mit zunehmender Laufzeit aber werden die Songstrukturen konventioneller. Bei Torn Maps kommt später gar ein wenig Blondie-Gefühl auf. Nun ja, Blondie…?

Es folgen dann immer noch gute, aber eben gewöhnliche Pop- oder Indie-Songs mit recht einfacher Hookline – und wenn mal der Bruch probiert wird, wirkt es nicht immer stimmig. Das letzte Stück Mother, Father, Set us free etwa ist eine doch sehr normale Rockhymne mit ein wenig Spielereien. Was eben noch im Ganzen zusammenging, klingt hier bisweilen wie Stückwerk. Und das wunderbar Hendrixhafte, die große Progpose – all das, was in Rodriguez Lopez wohnt – gerinnt zur Beiläufigkeit.

Das Potenzial aber, das in dieser Konstellation schlummert, ist spürbar. Rodriguez Lopez hat sowohl mit At The Drive-In (Relationship of command) als auch mit The Mars Volta (De-Loused in the Comatorium) einige der stärksten Alben der vergangenen Jahrzehnte aufgenommen. Wenn er den Bosnian Rainbows die Chance gibt, könnte er die Linie durchaus weiterführen. Vielleicht einfach mal ein paar Soloalben weniger aufnehmen!

Das selbstbetitelte Album von Bosnian Rainbows ist erschienen bei Clouds Hill/Rough Trade.