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Diese Drogen bitte für alle!

 

The Elwins machen Songs für eine schönere Welt, beeinflusst von Beatles und Beach Boys. Man muss einfach nur belämmert lächeln, wenn man ihr Debütalbum „And I Thank You“ hört.

© Promo
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Okay, Zeit für gute Laune. Für einen schönen Tag. Und für eine gute Tat. „Start your day by doing something good„, singt Matthew Sweeney, „treat a friend the way you know you should„. Dazu jubilieren die Gitarren so freudig, dass einem das Herz aufgeht, und der Bass tänzelt beseelt um bunte Blumen herum. Das Schlagzeug scheppert fröhlich, Sweeney singt, als wollte er jeden Hörer einzeln umarmen, und fertig ist einer dieser Songs, mit denen The Elwins die Welt vielleicht nicht retten, aber doch ein bisschen schöner machen werden.

And I Thank You, das Debütalbum des Quartetts aus Kanada, ist voller solcher Songs. Eigentlich besteht es sogar ausschließlich aus Liedern, die so aufgedreht, harmoniesüchtig und verliebt in das Leben sind, dass man sich fragen muss, wie die Elwins das hingekriegt haben, ohne dabei vollkommen kitschig und peinlich zu klingen. Also, das könnte man sich jedenfalls fragen, wenn man nicht gerade damit beschäftigt wäre, belämmert vor sich hin zu grinsen.

Die Band macht auch kein Geheimnis aus ihren Absichten. Man fertige, sagt ein lachender Sweeney in einem Interview, „fröhliche, optimistische, einfache Musik mit einem Hang zu den sechziger Jahren“. Der Keyboardspieler und Gitarrist Feurd Moore, dessen absurder Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart so ziemlich das einzig Irritierende an The Elwins ist, ergänzt: „Wir lieben eben die Beatles, die Beach Boys, Vampire Weekend.“

Im Gegensatz zu diesen Vorbildern offenbaren die Elwins allerdings nicht einmal hin und wieder eine dunkle Seite. Von Come On Out, einem berückend schönen Gitarrenpopsong übers Ausgehen, in dem Sweeney verspricht „It’s gonna hurt but you don’t feel pain no more„, bis zu Sittin‘ Pretty, einem ebenso aufgeräumten Stück, in dem die butterweichen Gitarren auch noch von niedlichem Getröte unterstützt werden, hört sich jedes der zehn Lieder zwar fast so an wie das davor, aber eben auch genauso großartig.

Die Frage ist nur: Wie haben das Sweeney, Moore, der Schlagzeuger Travis Stokl und der Bassist Frankie Figliomeni bloß geschafft? Sicherlich hat der Produzent Bill Moriarty, seit seiner Arbeit für Dr. Dog ein Spezialist für organischen Vintage-Sound, seinen Teil zum beglückenden Klangbild beigetragen. Aber dass The Elwins so hemmungslos bei den Beatles, den Beach Boys, aber auch bei Kinks oder Big Star klauen, ohne erwischt zu werden, ist schon eine große Kunst. Noch erstaunlicher ist nur, wie sie es geschafft haben, dass einem diese penetrante Ungezwungenheit, diese unbekümmerte Selbstzufriedenheit, diese leichtlebige Sorglosigkeit und niedliche Harmlosigkeit nicht auf die Nerven geht, sondern stattdessen hochansteckend wirkt.

Sollten die vier irgendwelche Drogen eingenommen haben, um dieses hochmelodiöse Meisterwerk der Glückseligkeit aufzunehmen, sollte die Uno augenblicklich damit beginnen, das Zeug flächendeckend auszugeben. Vielleicht würde es ja auch schon ausreichen, wenn Krisengebiete fortan pausenlos mit And I Thank You beschallt würden. Es wäre einen Versuch wert, diese Blauhelmmusik zu friedensstiftenden Zwecken einzusetzen.

„And I Thank You“ von The Elwins ist erschienen bei Affairs Of The Heart/Indigo.