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Der Spirit im Hause Spears

 

Auf ihrem achten Album verrät Britney Spears ihren zweiten Vornamen! So nah hat sie das Publikum noch nie an sich herangelassen. Den Hörer erwarten große Bekenntnisse.

© Sony Music
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Wenn Musiker es besonders ehrlich meinen mit ihren Fans, dann nennen sie ihr Album beim Vornamen. Das Du verringert bekanntermaßen die Distanz zwischen zwei Menschen – zu viel Nähe kann aber auch das Gegenteil bewirken, wie wir lernen werden.

Schon 2001 hat Britney Spears ihr drittes Album Britney zu einer ganz persönlichen Angelegenheit gemacht. Damals war das ein ziemlich großer Erfolg. Mittlerweile ist sie 31 Jahre alt, zweifache Mutter, einmal geschieden, und hat weit über 100 Millionen Platten verkauft. Den Pop-Thron haben allerdings derweil andere erklommen. Diesen Herbst konkurriert sie etwa mit Lady Gaga, Miley Cyrus und Katy Perry. Muss sich unsere Britney, die ja schließlich die Bilderbuchkarriere von der Disney-Club-Moderatorin zum Popstar patentiert hat, nicht ungemein darüber ärgern?

Ganz tief in ihrem Herzchen geht etwas vor. Es will raus. Nur hat sie ja ihre persönlichste Platte bereits vor mehr als zehn Jahren aufgenommen. Britney ist raffiniert: Ihr neues, achtes Album heißt nun Britney Jean. Jean, das ist ihr zweiter Vorname. Ihre Familie habe sie schon immer so gerufen, gab sie kürzlich bekannt. Nun wolle sie ihren Kosenamen und somit auch ihre persönliche Seite mit ihren Fans teilen. Wie erfreulich.

Im Eröffnungsstück Alien kehrt sie ihr Innerstes nach außen (bitte nicht bildlich vorstellen): Britney fühlt sich fremd auf diesem Planeten. Aber mit eisenhartem Willen hat sie ihre Welt erobert. Die Single Work Bitch ist ein Manifest der Spears’schen Selbstermächtigung. „Du willst ein teures Auto fahren, in einem schönen Haus wohnen, gut in einem Bikini aussehen? Dann solltest du dafür arbeiten, Bitch!“ Für die musikalische Gestaltung dieses Dance-Drills ist will.I.am von den Black Eyed Peas verantwortlich.

Auf Britney Jean hat er als ausführender Produzent besonders tief in die Trickkiste der Tondichtung gegriffen. Gemeinsam mit Großmeistern wie David Guetta oder William Orbit hat er die dezente Grundstimmung von Genres wie EDM, Trance, Dubstep oder Trap extrahiert und feinfühlige Songs arrangiert, die Britneys intimen Texten Raum zur völligen Entfaltung bieten.

In Body Ache etwa erzählt sie mit Roboterstimme vom Tanzen unter großen Schmerzen. Eine feinsinnige Allegorie für ihre langwierige Knieverletzung? In Perfume setzt sie Duftmarken im zwischenmenschlichen Bereich. Welch ein Zufall, Britney hat ja sogar ein eigenes Parfum entworfen! Im Duett mit dem Rapper T.I. verwandelt sie sich – Tik Tik Boom – in eine Zeitbombe, die entschärft werden will – Knick Knack. Und Til It’s Gone vermittelt eine der originellsten Lehren der Popmusik. Frei nach dem Großdichter Max Herre, der es so fasste: „Man schätzt nicht wert, was man hat. Und bis man merkt, was man hatte, ist die weg, die man mag.“

Die Familie ist hingegen immer da, ob man mag oder nicht. Damit sich die Fans ein Bild davon machen können, wie gut der Spirit im Hause Spears ist, holt Britney ihre jüngere Schwester Jamie Lynn für die Pyjama-Party Chillin‘ With You ans Mikrofon. Zu Countrygitarren erzählen die beiden, wie sie einen ganzen Abend lang lachen und tanzen. Dazu trinken sie Wein. Jamie genehmigt sich einen weißen, Britney mag lieber roten. Ein beeindruckendes Bekenntnis. Toll, wenn Künstler so viel Nähe zulassen.

Britney Jean von Britney Spears ist erschienen bei RCA/Sony Music.