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Mit erhobenem Discofinger

 

Kylie Minogue kann sich als Bezwingerin des Kaugummipop behaupten. Mit ihrem neuen Album „Kiss Me Once“ bleibt alles beim Alten. Auf zum Dancefloor!

© William Baker
© William Baker

Kylie Minogue veröffentlicht ein neues Album. So sagt man zumindest, meint aber, dass sie ein Album veröffentlicht, das genauso klingt wie alle elf zuvor. Hier eine minimale Variation, dort ein kleines produzententechnisches Wagnis. Das war’s und ist auch gut so. Von Kylie Minogue erwartet man keine raffinierten Kunstgriffe, sondern aufgehübschten Discopop in Perfektion.

Als sich die Australierin im vergangenen Jahr von ihrem bisherigen Management trennte und bei Jay Zs Firma Roc Nation unter Vertrag kam, war der Schock für die tanzwütigen Traditionalisten groß: Würde sich Kylie im 28. Jahr ihrer Karriere einer Generalüberholung durch den Hip-Hop-Mogul unterziehen? Würde man etwa Zukunftsmusik hören? Gar ein bisschen mehr R’n’B?

Soweit ist es nicht gekommen. Kiss Me Once klingt wie eine Mischung aus dem aufgedrehten Aphrodite (2010) und dem brachialen Bratz-Pop von X (2007). Gleich zu Beginn geben gutgelaunte Klavierakkorde und eine sture Kickdrum die Marschrichtung vor: Auf zum Dancefloor! Synthetische Tanzmusik bis zum Anschlag. Fans der wohldosierten Ekstase dürfen nach Herzenslust mit dem Discofinger in der Luft herumstochern.

An solch überbordendem Pop haben sich die Konkurrentinnen in den vergangenen Jahren die Zähne ausgebissen. Nicht so Kylie, die wahre Bezwingerin des Bubblegum-Pop. Die tänzelt leichtfüßig durchs Trockeneis und kuschelt sich in die klebrigen Zuckerwattesounds.

Ihre Musik hat Klasse, und das erlaubt es der 45-Jährigen auch, ihren Stücken alberne Titel wie Sexy Love, Sexercise oder Les Sex zu geben, ohne ordinär zu wirken. Ihre Sexyness erinnert an die dezente Erotik auf Pharrell Williams‘ neuem Album G I R L.

Mit dem nahm sie übrigens auch das Duett I Was Gonna Cancel auf. Ein Song, der beinahe nicht zustande gekommen wäre, weil Kylie ihr Treffen im Studio absagen wollte. Überarbeitung. Aber Pharrell, Meister des doppelten Wortsinns und Fachmann für liedgewordene Lebensbejahung, therapierte Kylies Mini-Burn-out in besagtem Lied.

So blitzt zwischen dem ganzen Discobombast und den überladenen Arrangements tatsächlich ein bisschen mehr Kylie durch als üblich. Hinter all den popmusikalischen Allgemeinheiten lugt eine kleine Persönlichkeit hervor.

Abgesehen davon ist eigentlich alles beim Alten geblieben. Erfreulich.

„Kiss Me Once“ von Kylie Minogue ist erschienen bei Parlophone/Warner Bros.