Die Band EMA baut seltsame Kunstwerke aus kreischenden E-Gitarren und nervöser Elektronik. Auf ihrem zweiten Album „The Future’s Void“ steuert sie durch Lärm und Härte.
Auf EMAs The Future’s Void gibt es genau einen Song, der wirklich klingt wie Courtney Loves Band Hole, aber der reicht schon, um das dieses Album zu verstehen. Sonnenträge streicht Erika M. Anderson in So Blonde ihre Gitarre, salzig-samtig klingt ihre Stimme, um zum Refrain dann so routiniert fauchend den Kopf zurückzuwerfen, als hätte Courtney Love persönlich ihr alles beigebracht. Wobei EMA sich natürlich von niemandem etwas vormachen lässt.
Vor knapp drei Jahren kramte die Presse extra für die Amerikanerin das Label Noise-Folk heraus und ließ damit nicht mehr ab von ihrem Debütalbum, das sanfte Gitarrenklänge und gehauchte Texte zudröhnte und klackernd wegdrosch, bis vor lauter Gänsehaut niemand mehr schlafen konnte. Past Lives Martyred Saints war ein leises Biest, das sich die Fangzähne unter dem Kinderzimmerbett abstieß.
Seinem Nachfolger ist das viel zu eng. The Future’s Void, dessen Titel mal je nach Lust und Englischkenntnissen als „Die Zukunft ist leer“ oder „Die Leere der Zukunft“ lesen kann, gibt sich so selbstbewusst, wie sich das für ein zweites Album gehört. Mit Folk hat das nicht mehr viel zu tun, EMAs Noise befällt jetzt in elektronischer Mutation den Grunge und lässt stellenweise nicht mehr als seinen Geruch in der Luft zurück.
Das Grundgefühl auf Andersons zweitem Album ist also ein schmutzig romantisches, und die Künstlerin boxt darin mal gegen die Wände, um dann wieder ganz leicht über allem zu triumphieren. Die Grundlage bilden Beats, die mal aus menschlichem Stampfen und Klatschen bestehen und mal aus überirdischem Rauschen und Zischen. Darüber baut EMA merkwürdige Kunstwerke aus kreischenden E-Gitarren, verzerrtem Gesang über die Tücken virtueller Realitäten, schwerem Kettenrasseln und nervösem Fiepsen, deren elektroschrottige Existenz am Ende doch nur eins markiert: Ein Mensch war hier.
So wie Courtney Love in den 90ern mit ihrer Grunge-Gitarre Raum für kaputte Puppen erobert hat, so fliegt EMA jetzt darüber hinaus. Die Wärme und das hoffnungslose Schwärmen, mit denen beide ihre Songs durch Härte und Lärm steuern, ist ihnen gemein, nur die Mittel hat sich jede selbst zurechtgelegt. So nah wie im indierockigen So Blonde sind sie sich nicht noch einmal, deshalb erinnern ruhigere Anderson-Songs wie When She Comes vor allem in ihrer Entspanntheit an Love, die im zerrissenen Nachthemd auf dem Boden sitzt und endlos liebevoll über die Beschissenheit der Welt singt und über die Riot Grrls, die sich dagegen wehren. In Elektrosongs wie Cthulu findet sich ein Klang zwischen kühlen Industrial-Beats und waberndem Mönchsgesang.
The Future’s Void ist die Reise des Grunge ins Weltraum, wo ihm zwischen splitternden Meteoriten und blinkenden Raumschiffen endlich doch die Zukunft gehört. Dafür hat EMA genug in ihr Album gepackt, um damit mindestens ewig zu überleben, von scharf quietschenden Gitarren bis zu hübschen Plunderteilchen aus Klavier und Streichern, die da oben niemandem nützen, außer dass sie an unten erinnern. Für den Schluss hat Anderson sich in Dead Celebrity ein besonders bittersüßes Denkmal gesetzt. Zwischen Nationalhymne eines versunkenen Staats und alter Country-Weise stampft der Song leise voran, unterstützt nur vor ihrer feierlichen Orgel und ihrem verträumten Gesang, bis am Ende alles in Feuerwerk aufgeht. Gesampelt, natürlich, im All wäre das sonst nicht zu hören.
„The Future’s Void“ von EMA erscheint bei City Slang/Universal.