Das Schweizer Synthiepopduo Klaus Johann Grobe fährt der zeitgenössischen Spaßdiktatur elegant in die Parade. Sein Debütalbum findet die gute Laune in der schlechten.
Moll, das unbekannte Wesen. Es lässt gute Laune nur unterschwellig erkennen. Man muss also genau hinhören, um sie zu erkennen. Auch bei Klaus Johann Grobe. Gerade dort. Aber dann!
Die poppsychedelischen Keyboardflächen des Schweizer Duos aus dem Schmelztiegel Zürich mögen nämlich bei der ersten Begegnung noch klingen, als würde Tom Liwa mit den Fuzztones auf Nick Caves Beerdigung spielen. Je mehr man sich allerdings reinhört in dieses absonderliche Debütalbum namens Im Sinne Der Zeit, desto deutlicher schält sich der Titel heraus als Anleitung zum Glücklichsein in einer Ära, die den Trübsinn zur Volkskrankheit erklärt und Frohsinn zum Allheilmittel. Diesem Aberwitz zeitgenössischer Spaßdiktatur fährt man am elegantesten dialektisch in die Parade.
Mit einem treibenden Bass vom Rechner zum Beispiel, der das Auftaktstück Between the buttons nahezu funky einleitet, bis Sevi Landholt seine verstörende Synthesizerorgel unter Daniel Bachmanns schwitziges Schlagzeug tröpfelt und dazu nölt, als beschwere er sich über irgendetwas aus Prinzip. Weil sich beide, aber auch die folgenden acht grandios windschiefen Lieder in der Kunst üben, diesen Duktus in der konsonantensatten Meckersprache Deutsch nie larmoyant klingen zu lassen, wird daraus eine Perle verschrobener Popmusik. Sie erleuchtet bekiffte Regennachmittage ebenso wie den weinseligen Tanzboden und die Zeit, um sich vom jeweils anderen zu erholen.
Das ruft zwar zuweilen trübe Erinnerungen an alte Krautrockbands wach, die sich bei aller ironischen Brechung allzu oft in emotionaler Überfrachtung verloren haben. Anders als die Schlaghosenzausel der damaligen Krisenjahre machen sich hier zwei bärtige Hipster aber doch etwas lässiger über den heiligen Ernst ihres eigenen Schwermuts lustig, wie es scheint. Mal unterstellt, wir haben dieses Duo mit dem Sparkassenfilialleiter im Namen also nicht ganz missverstanden, schafft es Im Sinne Der Zeit somit, die Melodramatik des Mollklangs discotauglich zu machen.
Das Motto lautet: Akzeptier‘ Deinen Blues, tanz‘ ihn raus, aber halt‘ Dir die anderen mit einem aseptischem Gummiball auf Distanz, wie die matte Farbfotografie des Covers vorschlägt. Oder auch: Lass dich gehen, aber mach dich dabei nicht gemein mit der Flatratefun-Gesellschaft. Nicht zu vergessen: Bewahr Dir Deinen Zynismus, bis die Gelegenheit zum Schwenk in den Fatalismus opportuner ist. Und ganz wichtig: Hör‘ diese Platte rauf und runter. Schlechte Laune war nie erfrischender.
„Im Sinne der Zeit“ von Klaus Johann Grobe ist erschienen bei Trouble In Mind.