Leni Riefenstahl und Ernst Jünger würden sich freuen: Auf seinem neuen Album übergießt Heino seine Volksschlager mit einer Metall-Legierung und wanzt sich an den poprechten Mainstream heran.
Mit dem Populismus ist es so simpel wie vertrackt. Der Volksmund versteht darunter machtbewusste Pöbelei. Der Duden definiert ihn als opportunistisch. Beiden Auffassungen dürfte entsprechen, dass der Populismus seinen Inhalt einem höheren oder niederen Zweck unterordnet und zumindest unterschwellig brüllend daherkommt.
Darf man Heino demnach als Populisten bezeichnen? Damit machte man es sich etwas zu einfach mit dem Blut- und Bodenbarden, der sein feucht-völkisches Fernziel nun martialisch orchestriert.
Mit Bikerjacke, Totenkopfring und siegfriedblondiertem Haar karnevalisiert sich die rheinische Frohnatur zum Rocker. Allerdings nicht nur, um abseitige Käuferschichten zu erreichen (welcher PR-Profi will das nicht?). Nein, mithilfe der Akzeptanz abseitiger Steigbügelhalter, die ihm von Heavy-Fan bis zum Metal-Hammer huldigen, geriert sich Heinz Georg Kramm als toleranter Brückenbauer und wanzt sich so vom alt- in den poprechten Mainstream.
Das zugehörige Album heißt Schwarz blüht der Enzian. Es vermengt Heinos dumpfen Volksschlager mit Neuer Deutscher Härte und sorgt so abermals für volle Hallen und Hitparadensprünge. Das klingt nach einem zweckgebundenen Inhaltswechsel bei geistiger Kontinuität – aber so leicht kommt er uns nicht davon. Der nicht. Heino einen „Nazi“ zu schimpfen, verkneifen wir uns an dieser Stelle, denn das kostet, Jan Delay kann davon ein Schweinerockstück singen, fix mal 20.000 Euro Verleumdungslinderung. Und es wäre auch zu plump.
Heino ist da subtiler: ein U-Boot gegen die heimatlosen Triebe der Multikultigesellschaft, das knietief unterm guten Geschmack hindurch in die Terrine deutscher Befindlichkeiten taucht und mit brauner Soße nachwürzt. Was Heinos saturierter Revanchismus dem rebellischen Realismus 1968ff entgegen schmetterte, findet in Zeiten von Sarrazin, Herdprämie und Pegida eher Verbreitung, wenn es sich mit Außenseitern gemein macht. Denn Außenseiter haben im Märchen vom linken Meinungsführermainstream einen ganz neuen Hall.
Heino weiß das, ihm fällt da schon was ein. Eigene Schenkelklopfer wie Rosamunde und Barbara zum Beispiel oder adaptierte Psychopharmaka von Hoch auf dem gelben Wagen bis zum kokett missverständlichen Schwarzbraun ist die Haselnuss. Durch rüde Gitarrenriffs werden die nicht bloß für eine entpolitisierte Gegenwart unterwanderungstauglich gemacht, sondern förmlich umgepolt. Wahrscheinlich ohne es zu wollen haben Rammstein Heinos klingende Heimattümelei mit ihrem gemeinsamen Wacken-Auftritt geadelt und in neuen Kontexten gesellschaftsfähig gemacht. Während Wir lagen vor Madagaskar anfangs nur vage an Rammsteins Du hast erinnert, steigt Einer von uns gleich ungeniert mit einem Engel-Sample ein.
Heino unterfüttert seinen abschwellenden Bocksgesang mit dem Riefenstahlgestus gotisch verbrämten Brachialrocks der Siebzigerjahre – nostalgischer ist die konservative Revolution seit Ernst Jünger selten unters Volk geprügelt worden. Schlechter aber auch nicht.
„Schwarz blüht der Enzian“ von Heino ist erschienen bei Sony Music.