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Willkommen in Slowmotion!

 

Es kann nicht immer Sonntag sein: Das neue Album der Countrykapelle Lambchop klingt wie ein vertonter Manufactum-Katalog. Sedierter Wohlklang haut niemanden vom Hocker.

© City Slang

Kaum hebt Kurt Wagner mit seinem behaglichen Bariton zu singen an, stellt sich sofort dieses Entschleunigungsgefühl ein, das einen in den Modus eines vertrödelten Sonntagnachmittags versetzt. Die Klavierakkorde im Eröffnungsstück If Not I’ll Just Die des neuen Lambchop-Albums tropfen sanft dahin wie ein Sommerregen, die Streicher formen Wolken aus Watte.

Unterdessen singt Wagner, der emotionale Fixpunkt dieser Idylle, von Luftküssen und Seemöwen, gemächlich wie ein flanierender Privatier. Willkommen in der wundersamen Slowmotion-Welt von Lambchop, dem Großensemble aus Nashville, das in den neunziger Jahren mit Fremdeinflüssen aus Jazz und Indierock die Countrymusik wieder salonfähig gemacht hat und seit den Nullerjahren einen Zeitlupen-Soul spielt, der wie Burt Bacharach auf Valium klingt.

Ihr neues Album heißt Mr. M. Gewidmet ist es dem Singer/Songwriter Vic Chesnutt, der sich Ende 2009 das Leben genommen hat und ein guter Freund Wagners war.

Die Platte beweist, dass sich vertrödelte Sonntagnachmittage zwar angenehm anfühlen, aber auch ein bisschen langweilig sind. Der Feiertagsimpressionismus des ersten Songs ist Auftakt zu einem Album, das mehr einlullt als bezirzt.

Kurt Wagner, 53-jähriger spiritus rector der Band, ist zwar ein virtuoser Dekorateur, der weiß, wie man ein gediegenes Ambiente gestaltet, doch misslingt ihm der Versuch, seine Klangmalerei, all die effektvoll dahingepinselten Piano-, Streicher- und Bläser-Arrangements, mit einer musikalischen Idee zu verknüpfen. Es ist ein bisschen so, wie wenn man einen Manufactum-Katalog durchblättert: hübsche Einrichtung, aber kein Leben in der Bude.

Das Easy-Listening-Lullabye Gar ist symptomatisch für diese Leere. Flöte und Schubidu-Chor säuseln wie der Soundtrack eines Siebziger-Jahre-Softpornos, das Klavier flicht wohltemperierte Girlanden in Moll. Klingt alles ganz nett – wirkt aber einschläfernd, wenn kein Leitmotiv hinzukommt, keine markante Melodie hörbar wird.

Übrig bleibt sedierender Wohlklang. Andere Stücke, etwa Buttons oder Kind Of, wirken wie Variationen des Eröffnungslieds: die gleiche plüschige Beschaulichkeit, die gleiche L’art-pour-l’art-Perfektion.

Es fehlt die Unberechenbarkeit, die Lambchop noch ausgezeichnet hat, als sie ihr letztes großes Album Is A Woman (2002) veröffentlichten, ein kammermusikalisches Meisterwerk. Damals vollbrachte die Band noch Zauberstücke: Im Titelsong dieser Platte beispielsweise, einer Introspektion über Sinnsuche und Lebenserfüllung, platzte auf einmal ein optimistischer Reggae-Beat in die balladeske Melancholie. Grandios!

Überraschungen dieser Art findet man auf Mr. M kaum. Dieses Album erinnert, ähnlich wie schon der Vorgänger Ohio (OH) aus dem Jahr 2008, an eine durchwachsene Theaterinszenierung: Die Kulisse ist schön, aber die Handlung wenig mitreißend.

„Mr. M“ von Lambchop: ist erschienen bei City Slang/Universal.