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Tanz in Spandau Ballets Nebel

 

Die „New Romantics“ der Achtziger sind nicht unterzukriegen: The Temper Trap aus Australien klingen ganz ähnlich wie Ultravox, Duran Duran oder ABC. Aber kennen sie ihre Vorbilder überhaupt?

© Infectious Music

Was macht die Achtziger bloß zur so beliebten Blaupause nachfolgender Generationen und ihrer Moden? Warum werden sie unablässig kopiert, besungen, reanimiert? Wahrscheinlich entsteht die Vorbildfunktion aus der illustren Vermischung von Oberfläche und Inhalt, Attitüde und Ausdruck, Kommerz und Kultur, Synthetik und Analogie, Nüchternheit und Pathos, Stilistik und Substanz. Besonders in der Musik eine Mixtur, die es so zuvor nicht gegeben hatte und danach nur als Reminiszenz an dieses spannendste aller musikalischen Jahrzehnte daherkam.

Als Konzentrat all dieser Gegensätze in einem lässt sich – Achtung: steile These – etwas ausmachen, was nur einen winzigen Abschnitt dieser Zeit abgebildet hat: New Romantics, hüllenfixierte Blitz Kids wie Ultravox, Duran Duran, Spandau Ballet, ABC, besonders die.

Wer sich aufs Jahrzehnt der Achtziger beziehen möchte, um damit in der Gegenwart erfolgreich zu sein, ist gut beraten, sich an den blütenweißen, gesellschaftskritikfreien, pathetischen Stilikonen zu orientieren. Seltsam nur, dass die neuesten Interpreten des Hitrezepts von einst derart gewöhnlich aussehen, so sehr, dass der Eindruck entsteht, The Temper Trap hätten von ihren Ahnen nie Bilder gesehen. Oder meinen es einfach ernst.

Trembling Hands von The Temper Trap

Denn die fünf Australier erwecken Ultravox, Duran Duran, Spandau Ballet und ABC zwar zu neuem Klang, haben ansonsten aber nichts mit den Ikonen opernhafter Popromantik gemein. Auch auf ihrem zweiten Album muten sich The Temper Trap akustisch einiges zu, halten sich als Personen aber stets im Hintergrund des Sounds.

Wenn Dougy Mandagi im Auftaktstück Need Your Love seinen kräftigen Belcanto über den verspielten Teppich aus Lorenzo Silittos Gitarre und Toby Dundas‘ Schlagzeug schmettert, wenn er seinen Tenor in Trembling Hands mal choralgleich, mal glockenklar über Joseph Greers Keyboards schickt, wenn er wie so oft zwischen all dem Ohohohoh von Sehnsucht, Träumen, solchen Sachen kündet, dann flüstert ihm Tony Hadley von hinten zu, wie man emotionale Wucht in Liebesschwüre bringt. Zum Glück indes vergisst Spandau Ballet’s First Topmodel dabei, seinem unscheinbaren, verhuschten Epigonen zu sagen, dass dazu auch eine Pose gehört.

Dass die bei The Temper Trap auch drei Jahre nach dem viel beachteten Erfolg des Erstlings Conditions samt seiner Single Sweet Disposition fehlt, macht das Quintett so sympathisch. Und auch ein bisschen eigenständiger als man beim ersten Hören denken könnte. Zumal es sich von einem anderen, weit unsympathischeren Einfluss emanzipiert hat: U2.

So klingen The Temper Trap bei aller Analogie nach kurzer Eingewöhnung wie The Temper Trap. Also gar nicht nach New Romantics der zweiten, dritten Generation.

Das selbstbetitelte Album von The Temper Trap ist erschienen bei Infectious Music.