„Scheiß Drauf“ heißt ein Song auf dem neuen, miesen Album von Jeans Team. Gar nicht so einfach, denn die Enttäuschung überwiegt, schließlich war die Band mal relevant.
Es gab da kürzlich einen schönen Dokumentarfilm. Er porträtiert Die Toten Hosen, ihre Höhen, ihre Tiefen, menschlichen zumeist, musikalischen, oft beide gemeinsam, gern im kollektiven Drogenrausch. Der prägnanteste aller Abstiege zeigte sich indes nicht unter Alkoholeinfluss, sondern während einer ernüchternden Musiksendung von 1986, in der die konventionsferne Band ihr unsägliches Altbierlied zum Besten gaben, das der Moderatorin Amelie Fried seinerzeit blankes Entsetzen aus dem Gemüt trieb und die Frage, ob das nicht mehr Kölner Karneval sei als Punkrock, worauf die fünf Hosen nur eins zurückgrölten: „Düsseldorf!“ Super Diskurs.
Er belegt eindrücklich, dass musikalische Peinlichkeit nur bedingt mit Attitüde oder Debattenkultur zusammenhängt, sondern sehr banal mit dem jeweiligen Standpunkt. Den verortet eine gar nicht so viel später geborene Kapelle namens Jeans Team seit Neuestem auf ähnlichem Niveau wie dem Altbierlied, in einer Mischung aus Kurt Schwitters (Merzkunst) plus Alkohol (Braukunst) plus Jukebox (Kommerz) plus Tote Hosen (Eisgekühlter Bommerlunder), wie es in der Selbstbeschreibung heißt. Hieraus erschließt sich das neue Album nicht nur namentlich (Das ist Alkomerz), sondern auch dramaturgisch (Das ist großer Mist).
Denn es klingt genauso wie die genannten Bestandteile: völlig gaga. Im Wortsinn, bitteschön, denn Lady G. liegt diesem vordergründig persiflierenden, hintergründig nur grenzdebilen Klangmüll folglich näher als Trio und DAF, denen sich das beherzt verfrickelte Neo-NDW-Quartett aus Berlin vor fast 20 Jahren einmal verpflichtet fühlte. Zwischendrin muss der zum Duo geschrumpften Suffkopptruppe also eine Weinlaus zu viel über die Leber gelaufen sein. Die dramaturgische Quintessenz von Das ist Alkomerz lässt sich nämlich so zusammenfassen: Saufen, Dadaismus, noch mehr Saufen, Kohlemachen, Komasaufen, Kotzen gehen.
Man möchte dem Konzentrat distinguierter Dummheit, das diese sonst so stilsichere Band auf ihrem vierten Album aus dem Fundus sinnloser Narhallamärsche gewinnt, das verpassen, was es anspruchsvollen Zuhörern beim Zuhören verpasst: einen kräftigen Arschtritt. Nur, das ist nicht so einfach. Denn Jeans Team waren mal, nun ja, relevant. Sie haben um die Jahrtausendwende mit Elektroclash von Keine Melodien bis Berlin am Meer die Absurdität urbanen Distinktionsbedürfnisses in atarifiepsenden Spaßpop überführt und so ein ironisierendes, aber selten albernes Statement dazu geliefert, wie redundant die Subkultur ist und wie bedeutsam zugleich. Nun aber, als Duo geschrumpft mit zu viel Bommerlunder im Altbier, sind sie selbst nur noch Ersteres, wollen uns das allerdings als Letzteres verticken.
Das Album mag mit Scheiß drauf heimattümelnde Bierzeltseligkeit anprangern wollen, mit Gay House Party homophilen Hedonismus und mit Bomberjäckchen den Hooliganstyle – weil das klanglich zutiefst distanzlos in Eurovolksdance transponiert wird, erzeugt jede Silbe, jeder Ton nichts als Brechreiz und ist somit ähnlich satirisch wie, sagen wir: ein Stadionbesuch mit Mario Barth. Zur Strafe hören Jeans Team von nun an eintausend Jahre lang Blümchen auf 45 oder Das ist Alkomerz in Normalgeschwindigkeit. Ist in etwa dasselbe.
„Das ist Alkomerz“ von Jeans Team ist erschienen bei Staatsakt.