Die amerikanische Band MGMT bedient sich fröhlich bei den ganz Großen: Beatles, Beach Boys, Depeche Mode und jede Menge Eigenheiten kommen auf ihrem dritten Album zusammen.
Wer dieser Tage Popmusik für ein großes Publikum macht, muss den Einfluss der Beatles nicht verleugnen. Es gibt Schlimmeres, als die Fab Four in neuen Anzügen zu sehen. Alien Days, das erste Stück auf dem neuen Album von MGMT, klingt, als hätten die Smashing Pumpkins Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club gecovert, und es klingt wirklich gut.
Wer dieser Tage Popmusik für ein großes Publikum macht, kann sich allerdings – seltener zwar, aber immerhin – auch einer leichten Brise der Beachboys oft nicht erwehren. Weshalb das irisierende Introspection einige Lieder später daherkommt, als hätten die Strandjungs eine Jam-Session mit Lou Reed veranstaltet, und es kommt wirklich schillernd daher.
Wer heute Popmusik für ein großes Publikum macht, kann ebenfalls – und erst recht – nur in den seltensten Fällen einen gewissen Einfluss von Depeche Mode dementieren, was bald darauf A Good Sadness wie eine Art Kollaboration der Synthiepopper mit den Yeasayer wirken lässt, und es wirkt gut.
So ist es schließlich seit jeher im Werk der fünf New Yorker namens MGMT. So ist es auch auf ihrem dritten, komischerweise selbstbetitelten Album: Alles daran klingt seltsam bekannt, irgendwie abgekupfert, merkwürdig fremdreferenziell. MGMT allerdings schaffen es wie schon auf dem (von der Kritik gefeierten) Studio-Debüt Oracular Spectacular von 2007 und dem (gar beim Publikum erfolgreichen) Nachfolger Congratulations drei Jahre später dennoch, gebrauchten Pop nicht nur frisch verpackt, sondern frisch gefangen erscheinen zu lassen.
Und das hat Gründe. Ein wesentlicher ist, dass die beiden Gründungsmitglieder Ben Goldwasser und Andrew VanWyngarden akustisch, visuell, dramaturgisch so fröhlich die Funken sprühen lassen, bis auch die tristesten Tonfolgen, etwa im betulich ruhigen Astro-Mancy, wild zu flattern beginnen, als spiele sie ein Schwarm Schmetterlinge auf Acid. Der wichtigste Grund aber scheint, dass „Amerikas spektakulärste Blumenkinder“, wie MGMT mal umschrieben wurden, keine Effekthascherei betreiben.
Ihr glamouröser Gestus zwischen dadaistischen Bühnenoutfits, absurden Texten und kaum versiegender Flut digitaler Spielereien kommt nie als Popevent daher; er ist mehr eine kreative Selbstbehauptung im übervollen Meer elektronischen Indiepops mit analogem Grundgerüst. Nicht umsonst ist MGMT die Kurzform des ursprünglichen Bandnamens The Management: die eigenen Verwalter eines produzierenden Gewerbes, das sich aus dem Warenlager musikalischer Versatzstücke alles herausgreift, was in ihr eigenes Werk passt.
MGMT ist dadurch im Vergleich zu seinen Vorgängern ein etwas weniger gewagter Ausdruck popkultureller Sammelwut. Aber doch ein quirliges Konzentrat dessen, was ein paar Computerskills aus Gitarre, Bass und Schlagzeug erzeugen können, wenn man der Spielfreude freien Lauf lässt.
Man nennt das gemeinhin Spaß. MGMT haben davon mehr als genug. Und wir gleich mit.
„MGMT“ von MGMT erscheint am 13. September bei Sony.