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Vor zehn Jahren ein Hit

 

Mit ihrem neuen Album verabschieden sich Röyksopp und tragen gleichsam die LP zu Grabe. Aber ist nun das Format am Ende oder der Easy-Elektro der beiden Norweger?

© Warner Music
© Warner Music

Ihren größten Moment in Deutschland hatten Röyksopp am 24. Januar 2003. Auf dem Höhepunkt ihrer Bedeutsamkeit widmete die Harald Schmidt Show dem norwegischen Duo ein mehrere Minuten langes Segment.

Schmidts Bandleader Helmut Zerlett spielte darin das Röyksopp-Stück Poor Leno vor, der Showmaster erkundigte sich halb irritiert, halb belustigt, was Röyksopp denn von den Pet Shop Boys unterscheide. Besser kann es natürlich nicht losgehen für eine junge Band.

Röyksopp haben danach noch häufiger vom Fernsehen profitiert. Ihre fantasievollen Videos liefen auf MTV, ihr aus Downbeat-, House und Trip-Hop herausgefilterter Elektro-Pop erwies sich als maßgeschneidert für Autoversicherungswerbespots und Soundtracks. Svein Berge und Torbjørn Brundtland erzielten deshalb beachtliche Publikumserfolge, wurden in Szenekreisen jedoch nie ganz für voll genommen. Röyksopp gelten als Soundtapeziermeister. Sie machen, so der Vorwurf, elektronische Musik für Menschen, die keine elektronische Musik mögen.

Ganz fair ist das nicht: Vor allem auf ihren ersten drei, zwischen 2001 und 2009 veröffentlichten Alben formulierten Röyksopp eine konkurrenzfähige Version des elektronischen Easy Listening aus. Mit spektakulären Remixes bewiesen sie außerdem ihre Clubtauglichkeit. Die Ausgangslage, in die sich Berge und Brundtland mit ihrer neuen Platte The Inevitable End begeben, überrascht dennoch. Nicht nur von Röyksopps letztem Album war vorab die Rede. Es ist auch als Hommage an das angeblich vom Aussterben bedrohte LP-Format gedacht.

Röyksopp waren nie eine Album-Band. Ihre Platten bestanden stets aus detailfreudig produzierten Singles, die durch instrumentale Ambientstücke zusammengehalten wurden. Es gab keine klare Richtung, Gastsängerinnen und -sänger prägten stattdessen den individuellen Charakter der Tracks. Daran ändert sich auch mit The Inevitable End nichts. Das letzte Album von Röyksopp ist eine vielseitige Sammlung von Songs, die mit den Beiträgen der Gäste stehen und fallen. Es erinnert darin an Daft Punks Random Access Memories, hat aber sicher weniger Geld gekostet.

Hört man, wie sich die unter anderem vom Dance-Pop-Star Robyn und von Jamie McDermott (Kopf der britischen Art-Rock-Band The Irrepressibles) besungenen Stücke aneinanderreihen, schleicht sich eine böse Vermutung ein: Nicht die Zeit des Albums ist abgelaufen, sondern die des schöngeistigen Elektropop, an dem Röyksopp unbeirrt festhalten. Ihre Tracks klingen herausgeputzt und zurechtgemacht, kämen aber nie auf die Idee, sich auch mal schmutzig zu machen. Als „organisch“ und „sophisticated“ noch gängige Vokabeln der Popkritik waren, wäre The Inevitable End das Album des Jahres gewesen.

Diese Zeit liegt etwa genauso lang zurück wie die Hochphase der Harald Schmidt Show. Im Herbst 2014 stört man sich eher daran, dass Röyksopp für ihre Hommage an die Kunstform des kohärent durchgeplanten Albums einen Track recyceln, der schon auf ihrer diesjährigen EP Do It Again mit Robyn erschienen ist. Beschränkt auf eine Sängerin und 35 Minuten Spielzeit klangen Röyksopp sexy, verrückt und erfrischt. Auf LP-Länge weinen sie einem Format hinterher, das die Band noch nie gebraucht hat.

„The Inevitable End“ von Röyksopp ist erschienen bei Embassy Of Music/Warner.