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Passiert da noch was?

 

Die Early Day Miners machen ruhige, melancholische Gitarrenmusik. Ihr neues Album „Offshore“ besteht aus sechs Variationen eines Stückes. Das ist unterhaltsam,­ wenn man genau hinhört

Cover Early Day Miners

„Sag mal…“. Meine Freundin steht im Türrahmen und sieht mich wütend an. Dann schaut sie hinüber zum CD-Spieler, in dem sich Offshore dreht, das neue Album der Early Day Miners.
„Hat die CD einen Sprung?“
„Das soll so.“
„Aha.“

Sie schaut auf die Digitalanzeige, auf der inzwischen die vierte Minute des ersten Stücks, Land Of The Pale Saints, heruntertickt.
„Passiert da auch noch was?“
Das Schlagzeug hält stoisch den Rhythmus, der Bass grollt und zwei Gitarren schraddeln immergleiche Akkorde. Wie in einer Zeitschleife, neun Minuten lang.
„Nein, erst im nächsten Stück“, antworte ich zögernd.
Meine Freundin seufzt: „Oh, wie langweilig.“
Ist es nicht.

Die sechs Stücke des Albums sind Variationen eines älteren Liedes mit dem Namen Offshore. Jedes kreist um einen Aspekt des Ursprungsstücks, um ein Gitarrenriff, einen Rhythmus, eine Textzeile, einen Basslauf. Hier und da greift die Band Spielereien auf, die damals nicht hineinpassten. Das Album Offshore sei der „Director’s Cut“, die lange Version des alten Liedes, sagt Sänger und Schreiber Daniel Burto. Nahtlos sind die Stücke aneinander gefügt.

Shoegaze nennt man ihre Musik, weil die Musiker auf ihre Schuhe und die vielen Effektpedale starren und ansonsten dastehen, wie in den Boden gerammt. Ihre Musik hat andere Strukturen, als Pop- oder Rocksongs: keine Strophe, keinen Refrain, sondern zittrige Klangwände aus Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug.

Die vier amerikanischen Musiker schlafwandeln in ihren Melodien. Wer ihnen folgen will, muss geduldig sein. Dann entdeckt man, wie fein ihre Lieder perforiert sind, wie viele kleine Ideen in ihnen stecken. Hier vorne ein Fiepen, da hinten ein Vibraphon, um die Ecke lauert eine Rückkopplung, schließlich hört man nur noch das hypnotische Züngeln aus dem Synthesizer – ehe sie zu der Melodie zurückkehren, auf der alle Lieder des Albums basieren.

„Singt der auch mal?“, fragt meine Freundin, die neben ihren Klassenarbeitskorrekturen und Unterrichtsvorbereitungen weder Zeit noch Geduld findet für derartige musikalische Entdeckungsreisen. Immerhin hat sie sich nun hingesetzt.
„Ja“, sage ich. „Aber selten.“

Die meisten Stücke sind instrumental. Wenn Daniel Burton etwas singt, sind es meist lose Sätze, Versatzstücke aus dem alten Song. Wie in Deserter. Dringlich klingt es, wenn er „Everything you chase is empty without faith“ säuselt. In Return Of The Native überlässt er der Folksängerin Amy Webber den Gesang: „I’m losing you to your desires / In hotel rooms with ocean views“, heißt es dort, während das Lied zu einer psychedelischen Country-Nummer wird.

Meine Freundin steht auf. Eine halbe Stunde ist vergangen. Die letzten Töne sind gerade aus den Lautsprechern gedrungen.
„Ich wollte dir vorhin sagen, du sollst leiser machen.“
Pause.
„Aber irgendwie habe ich es vergessen.“

„Offshore“ von den Early Day Miners ist als LP und CD erschienen bei Secretly Canadian

Hören Sie hier „Deserter“

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