Als Sechzehnjähriger war Kim Frank der Sänger der Jungsgruppe Echt, danach knickte seine Karriere ab. Mit den zwölf triefenden Liedern seines Soloalbums „Hellblau“ will er sich nun wieder ganz nach oben singen
Rund zehn Jahre ist es her, dass die Schülerband Echt in der Flensburger Fußgängerzone entdeckt wurde. Kurz darauf füllten die fünf Knaben Mehrzweckhallen, sie waren die erste erfolgreiche Jungsgruppe aus Deutschland. Ihre Stücke klangen wie liedgewordene Diddlmaus-Karten. Wir habens getan, Junimond oder Du trägst keine Liebe in dir – Echt schrieben die Musik zur Pubertät. Scharen liebeskranker Schülerinnen warfen bei Konzerten Teddys und riefen Kinderwünsche auf die Bühne – wie bei Take That. Meist handelten die Mädchenträume von dem Sänger Kim Frank, damals süße 16 Jahre alt. Er war so brav wie Heintje und gab sich verwegen wie Robbie Williams, für eine kurze Zeit war er ein Star.
Bereitwillig gab er in Interviews Auskunft über die Mädchen, mit denen er schlief. Hunderte sollen es gewesen sein. Alle habe er geliebt. Kurz nach dem 11. September blamierte er sich bei Harald Schmidt mit dem Bekenntnis, er interessiere sich nicht für Politik und wisse noch nicht einmal, wo Taliban liege. Er lief nackt über die Reeperbahn und wunderte sich, tags darauf auf dem Titel der Bild zu stehen. Einige verglichen ihn mit Rio Reiser.
Nach Echts finalem Album Recorder begann Franks Absturz: Die Platte wollte keiner haben, die Hallen blieben leer, und die Band war weg. Irgendwann auch das Geld, verzockt, verlebt, vertrunken. Sein feudales Landhaus musste er verkaufen, gar seine ehemals treue Begleiterin Bravo wandte sich ab. Auf dem Starschnitt waren inzwischen andere. Schließlich ging auch die Freundin des Sängers. Vorbei-bei-bei war die Popkarriere. Er begab sich in Behandlung, geplagt von Magenproblemen. Hernach erzählte er, er plane ein Soloalbum mit Liedern über all das, was in seinem Notizbuch „Kims Kladde“ stehe. Nichts passierte. Zwischenzeitlich spielte er in Leander Haußmanns Film NVA einen jungen Soldaten, fiel aber nicht weiter auf. Immerhin war es ein Lebenszeichen, ein schüchternes Winken aus der „Was macht eigentlich …?“-Ecke.
Jetzt ist Kim Frank 24, seine Platte fertig. Sie „soll verdammt noch mal durch die Decke gehen“, sagt er. Hellblau heißt sie, die zwölf Stücke darauf findet er selbst „unglaublich kraftvoll“. Seine Musik sei die beste in Deutschland, sagt er der Süddeutschen Zeitung. Es lebe der Größenwahn.
Zum „Prinzen der Melancholie“ kürte ihn unlängst die MAX, das „Magazin für Popkultur und Style“. Kim Frank bemüht sich, standesgemäß zu dichten: „Immer erst am Morgen verfliegen meine Sorgen, die Sonne geht auf und ich fühle mich hellblau“, singt er im Titelstück. Das klingt eher nach Ausnüchterung, denn nach neuer Lebensfreude. Ungelenk muten seine Zeilen an. In seinen Texten verwechselt er häufig Banales und Tragisches miteinander. Im Stück Berlin hört man, die Verflossene lebe nun in einer Zwei-Zimmer-Wohnung und versuche sich als „Darstellerin“. Bei Zeilen wie „Sie richtet ihr Leben ganz arrogant nach sich“ dürfte Franks ehemaliger Deutschlehrer wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Da fällt es schwer, auf die Musik zu achten. Die klingt wohl komponiert, aber beliebig. Von Streichern getragene Balladen, hie und da ein bisschen Brusthaar-Rock, fernes Orchestergetöse. Von „großer deutscher Popmusik“ – wie Frank sein Werk lobt – keine Spur.
Bald steht er wieder auf der Bühne. Wie viele Mädchen dann noch kreischen, wird man sehen. Kim Frank freut sich darauf: „Live spielen ist wie Sex. Das hat mir sehr gefehlt.“ Äh, was genau?
„Hellblau“ von Kim Frank ist erschienen bei Universal
Hören Sie hier einen Ausschnitt aus dem Stück „Berlin“
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