Die Kings Of Convenience schauen tief in die moderne Beziehungskiste: Mit Folk und Bossa besingen sie eine urbane Melancholie.
Abhängigkeitserklärung, Declaration Of Dependence, ist ein so pathetischer wie paradoxer Plattentitel, einerseits auf eine historische Befreiung verweisend, andererseits sie einem Wortwitz opfernd, denn Unselbstständigkeit verlangt nach keiner Deklaration, muss nicht erkämpft werden, kommt ohne große Worte aus.
Damit wäre das Feld abgesteckt, auf das die Kings Of Convenience, die Könige der Bequemlichkeit, auch mit ihrem dritten Album zielen: die urbane Melancholie zwischen der Sehnsucht des Individuums nach mehr Freiheit und der Erkenntnis, dass das erreichte Maß schon kaum noch zu beherrschen ist.
Da wird Mrs Cold besungen, die so hart sein kann, aber nun hat sie Pech gehabt, „you waited too long / you should have hooked me / before I put my raincoat on„. Über eine andere Amazone heißt es, „sie wird bald weg sein, dann kannst du mich für dich haben, aber lass mich heute noch, sonst verschreckst du mich“.
Manches Lied singt der beste Freund oder der Paartherapeut – Declaration of Beziehungskiste. Aber gut gemacht, sehr, sehr gut gemacht. Diese zwei Norweger können ja nichts für das moderne Leben, das sie ihrem europäischen Publikum ablauschen. „Wir alle möchten bedingungslos verstanden werden“, wird da eben noch gesungen; Sekunden später „betonen wir unsere Unterschiede“, und „wir kämpfen unsere Kämpfe allein“.
13 Balladen in 45 Minuten, zweistimmig-einstimmig zur akustischen Gitarre vorgetragen, Melodien zwischen dunklem Folk und frohem Bossa, und immer geht es um die Welt, das Gefühl, das Gegenüber, das so schwer zu erobern, zu fassen, zu halten ist.
Mit dem ebenso paradox-pathetischen Quiet Is The New Loud betraten Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe vor acht Jahren die Bühne. Ihre subtile Kunst knüpft an Simon and Garfunkel an, lässt sie aber weit, weit hinter sich. Norwegen ist das neue Amerika, wenn Zweisamkeit die neue Einsamkeit ist. Pop kann Europa inzwischen selber, aber es nützt einem nichts, man bleibt gefangen in der eigenen Unzulänglichkeit.
Zum Glück kann man immer noch Platten hören und, ja, Schach spielen. An einem warmen Strand sieht man die beiden skandinavischen Antihelden auf dem Coverfoto sitzen, unter einer Palme klampfend, in die Ferne schauend, Brett und Figuren griffbereit, bis eben haben sie noch kombiniert, sich gelegentlich matt zu fühlen, das gehört dazu.
„Declaration of Depedence“ von Kings Of Convenience ist erschienen bei Virgin/Sources.
Dieser Artikel ist im Musik-Spezial in der ZEIT Nr. 42/2009 abgedruckt.