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Daheim bei den Leuten

 

Der Norweger Ola Kvernberg ist ein Meister der Hardangerfiedel. Subtil verschmilzt er Folktraditionen mit zeitgenössischem Jazz.

Unser Audioplayer wird derzeit überarbeitet
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Wer an Jazz aus Norwegen denkt, mag an elegische Saxofone, ätherische Trompeten oder lautmalende Stimmen denken. Kaum an Geigen. Dabei kann das Land auf eine reiche Fiedel-Tradition verweisen. Vor allem im Südwesten hat die Hardangerfiedel eine lange Geschichte.

Ola Kvernberg kennt sie bestens, er stammt aus einer wahren Violinen-Dynastie: Olas Mutter und seine Schwester Jorun Marie Kvernberg pflegen die Familientradition, und der Großvater, Peter L. Rypdal, ist berühmt als Komponist unzähliger Volkstänze. Olas aktuelle CD ist eine Hommage an ihm Nahestehende, an seine folks. Doppelsinniger Titel des Albums: Folk.

Kvernberg ist ein Vertreter des „weniger ist mehr“ – subtil verschmilzt sein Trio Folktraditionen mit zeitgenössischem Jazz. Lyrische Linien steigern sich über einem ruhig dahinfließenden Puls zu expressiven Soli – Ausbrüche ins Freie bleiben jedoch die Ausnahme. Als der damals 18-Jährige vor neun Jahren das Ola Kvernberg Trio gründete, befasste er sich intensiv mit der Jazztradition, doch später entschloss er sich, ganz auf ein Harmonieinstrument zu verzichten.

Meister der Hardangerfiedel: Ola Kvernberg (© G. T. Nergaard)
Meister der Hardangerfiedel: Ola Kvernberg (© G. T. Nergaard)

Die Folge: Die Räume wurden größer, der Klang gewann an Bedeutung. Und mit ihm eine speziell angefertigte Geige, die Kvernbergs Soundvorstellungen entgegenkommt: Dickere Saiten legen das Tonspektrum um eine Oktave tiefer und machen es zu einem Zwitter aus Viola und Cello.

Während die Musik des Trios eine sanfte, nicht selten mysteriöse Melancholie ausstrahlt, ist dem Violinisten auch das andere Ende des emotionalen Spektrums vertraut, und bisweilen finden beide Pole in einer bizarren Mischung zueinander. Etwa im Soundtrack für North, einen 2009 bei der Berlinale vorgestellten Film: Eine düstere Story, garniert mit aufgekratztem Bluegrass.

Doch auch wenn Volksmusiken, Klassik und Neue Musik für Kvernberg mehr als nur die zweite Geige spielen, Jazz in dem multistilistischen Profil, das für viele Improvisatoren Norwegens typisch ist, bleibt seine Liebe.

Noch vor Kurzem kündeten Umfragen von der Möglichkeit, Norwegens rot-grüne Regierung könne vom Zulauf zu einer populistischen, rechtsgerichteten Partei gestürzt werden – einer, der die Offenheit des heimischen Jazz ein Dorn im Auge (und Ohr) ist. Und das in einer Zeit, in der sie längst zum Exportschlager geworden ist. Mitte September wurde gewählt, und die Musiker atmen auf: Die Mitte-links-Koalition hat die Wahlen knapp gewonnen.

„Folk“ vom Ola Kvernberg Trio ist erschienen bei Jazzland Records.

Das Ola Kvernberg Trio live: Am 19. Oktober beim Enjoy Jazz Festival in Mannheim

Dieser Artikel ist abgedruckt im Musik-Spezial der ZEIT Nr. 42/2009.