Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Urlaub in Südtirol: Nach einer anstrengenden Wanderung erreiche ich mit meiner Freundin Karin die Tuferspitze (3097 m). Zufriedenheit und Stolz sind jedoch nur von kurzer Dauer. Ein unachtsamer Moment, ein spitzer Schrei und – ihr Smartphone verabschiedet sich in den steilen Südhang. Zuerst ein halbes Dutzend Überschläge, dann zerlegt es sich in mehrere Teile, die erst viel tiefer unten liegen bleiben. Meine Freundin zurückzuhalten ist das eine, selbst den Abstieg zu wagen das andere. Ich kraxle, rutsche, stolpere, fluche und zittre mich nach unten, finde die wichtigsten Teile und schaffe es nach einer halben Ewigkeit auch wieder hoch auf den Gipfel. Flugs zusammengesetzt, funktioniert das Handy tatsächlich noch, und meine Freundin umarmt mich glücklich. Schön, einmal ihr Held zu sein!

Joachim Rothmund, Biberach

 

Was mein Leben reicher macht

Ich befinde mich im gleitenden Übergang zur Rente. Urlaub in Frankreich. Luberon und Blick auf den Mont Ventoux in der Abendsonne. Ich lese Bücher des Nobelpreisträgers Modiano. Immer wieder das Thema »verlorene Jugend«. Habe ich meine Jugend verloren? Nein, ich habe die Ruhe, die Unabhängigkeit und die Entspanntheit des Alters gewonnen!

Bernhard Gottwald, Garding, Schleswig-Holstein

 

Plietsch: Mein Wort-Schatz

Menschen, denen es gelingt, Probleme auf eine besondere Art zu lösen, nennt man oft »klug«, »schlau« oder »raffiniert«. Diese Begriffe implizieren eine gezielte und kalkulierte Berechnung. Kleine Kinder sind dazu noch nicht in der Lage. Meine Enkelin, deren Problemlösungen mich immer wieder überraschen, ist für mich daher einfach nur Plietsch – ein Wort-Schatz aus meiner Hamburger Jugendzeit. Er bezeichnet Menschen, die sich in komplizierten Lebenssituationen zu helfen wissen, er bringt alles auf den Punkt und schließt den Begriff »intuitiv« mit ein, der in diesem Fall auch passen würde.

Kurt Wichmann, Bonn

 

Was mein Leben reicher macht

Das Glück, diesen Menschenfreund mit dem strahlendsten Lachen der Welt seit 21 Jahren meinen Vater nennen zu dürfen. Und zu wissen, dass er nach all meinen Kollisionen mit irgendwelchen Leitplanken zwar bestimmt den Schlaf der ein oder anderen Nacht, nie aber das Vertrauen in mich verloren hat.

Lynn Busch, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Frühmorgens schon gemütlich mit dem Rad fahren, im Schlendertempo sozusagen. Und dabei »I want to ride my bicycle, I want to ride my bike« zu singen, nicht schön, aber mit Inbrunst. Wie schätze ich mein Nullemissionsfahrzeug!

Karl Brunner, Klagenfurt, Österreich

 

Kreisdeponie: Mein Wort-Schatz

Außer Wörtern, mit denen ich persönliche Erinnerungen verbinde, liebe ich Wörter, die – weil man sie auch falsch verstehen kann – meine Fantasie beflügeln. Mein Favorit war bislang die Kreisdeponie, bei der ich überlegen konnte, ob dort auch Ellipsen abgelegt werden dürfen. Jetzt fiel mir ein großer Lkw mit Anhänger auf, der die riesengroße Aufschrift Verkehrsstraßenunterhaltung auf seiner orangen Plane trug. Da stellte sich gleich die Frage, ob die Straße, wenn diese Plane hochgerollt wird, ein Kasperletheater zu sehen bekommt oder Cancan tanzende Frauen? Und warum muss die Straße unterhalten werden? Wird sie sonst unwillig und wirft Falten, bildet Schlaglöcher oder schikaniert Fahrer sonst wie? Oder aber sollen diejenigen unterhalten werden, die auf der Straße fahren? Oder im Stau stehen?

Sibylle Hauff, Limburgerhof, Rheinland-Pfalz

 

Armaturenbrett: Mein Wort-Schatz

Auf meiner zweiten Stelle nach dem Studium gab es einen wundervollen Oberarzt, der mir vieles beigebracht und mich »unter seine Fittiche« genommen hat. Er liebte Oldtimer und fuhr einen sehr gepflegten alten Jaguar. Ich interessiere mich überhaupt nicht für Autos, aber dort sah ich zum ersten Mal Holzarmaturen. Ich war tief beeindruckt, wie elegant auch das Innenleben eines Autos sein kann. Neulich hörte ich das ganz aus der Mode gekommene Wort Armaturenbrett mal wieder und dachte sofort an diesen empathischen Menschen, dem ich viel zu verdanken habe. Mit einem gemeinen Brett hatte die Jaguararmatur allerdings wenig zu tun. Und so wie es kaum noch Holzarmaturen gibt, so sind leider auch solche Oberärzte nur noch rar gesät.

Elke Lührs, Paderborn

 

Dümperkes: Mein Wort-Schatz

Jetzt ist die richtige Zeit für neue, junge Kartoffeln. Seit meiner Kindheit – ich habe sie im Münsterland verbracht, und sie liegt immerhin siebzig Jahre zurück – kenne ich Dümperkes. Das sind die ganz kleinen Kartöffelchen, die ungeschält, aber gut gewaschen (zur Not »geschrappt«) und getrocknet in der Pfanne in »guter Butter« kross gebraten werden. Sie schmecken am besten mit Spiegeleiern und Salat.

Wilhelm Rademacher, Münster