Alemannische Fastnacht, gruselige Hexenmasken beim Umzug. Meine Enkelin (zweieinhalb Jahre) versteckt ängtlich ihr Gesicht in meinem Arm, bis eine Hexenhand mit einem Tütchen Gummibärchen vor ihrer Nase auftaucht. Vorsichtig greift sie danach und streckt fortan erwartungsvoll ihr Händchen aus, wenn sich wieder eine Hexe auf dem Besen nähert.
Im Kaufhaustempel auf der Mariahilfer Straße. Ich bin unschlüssig, ob ich die nebelgraue, die mausgraubraune oder die pfützenwasserbeige Mütze kaufen soll, da tippt mir eine Dame auf die Schulter. Pardon, sie wolle sich nicht aufdrängen, aber sie sei der Meinung, zu meinen roten Haaren brauchte ich Farbe. Farbe! Orange, Blau, Grün – oder hier: »Setzen Sie mal diese gelbe Mütze auf.« Während wir uns durch die Mützen graben, stellt sich heraus, dass sie Stylistin eines bekannten Labels ein paar Straßen weiter ist. Und mit der gelben Mütze leuchte ich nun durch den Winter. Der ist ohnehin grau genug.
Seit Jahren versorge ich die Kindergeburtstage meiner Enkeltöchter mit kleinen gestrickten Tieren und Puppen.
Als meine Schwiegertochter in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag feiern wollte, fragte sie, ob ich ihr nicht auch eine Tischdekoration machen kann. Es musste schnell gehen. Ich habe ihr dann diese 40 Froschkönige geschenkt. In die Kronen wurden Zahnstocher-Fähnchen mit dem jeweiligen Namen gespießt.
Ich werde unmutig, wenn mir eine widerspenstige Haarsträhne vom Kopf absteht. Alles wird wieder gut, wenn mein Mann – eine ganze Ecke älter als ich – dieses herrlich altmodische Wort benutzt und fragt: »Ist dein Herrenwinker wieder draußen?«
Am Morgen unserer Eisernen Hochzeit (65 Jahre!) nehme ich meine Frau in den Arm und sage: »Dass ich es mit dir alter Hexe so lange ausgehalten habe…« Sie gibt zurück: »Und ich mit dir bösem Teufel!« Fest umschlungen lachen wir, bis uns die Tränen kommen.
Ich erinnerte mich kürzlich daran, wie wir uns Anfang der siebziger Jahre mit dem Kofferradio auf dem Arm an der Straßenecke trafen und Popmusik von Radio Luxemburg hörten – kurzwellen- und vielleicht auch störsenderbedingt meist in einer lausigen Qualität. Wir mussten zudem aufpassen, dass kein Vopo (DDR-Volkspolizist) vorbeikam und uns die Kofferheule wegnahm, weil wir einen verbotenen Sender hörten. Aber es war »Westmusik«, die Musik, die wir hören wollten!
Angeregt durch das Buch Die Kultur der Reparatur, erinnerte ich mich an das alte Radio meiner Eltern, ein Grundig 3010. Das Radio war nur 1952 und 1953 gebaut worden und kostete damals 345 Mark. Als ich es völlig verstaubt auf dem Dachboden fand, habe ich es gesäubert und zum Radiohändler in unserem Dorf gebracht, um es reparieren zu lassen. Der Seniorchef begrüßte mich mit den Worten: »Ja, wir können das noch!« So sehen Sie mich auf dem einen Bild als Zweijährigen mit meiner Mutter und dem Radio dahinter zu Weihnachten 1953. Das andere Bild zeigt mich heute, zufrieden mit dem Radio, bei dem praktisch nichts defekt war, das lediglich einer Überholung der Kontakte bedurfte. Besonders freut mich, dass ich es nicht im Internet gekauft habe, sondern dass es das Radio meiner Eltern ist!