Im Nachlass meiner 1999 verstorbenen Pflege mutter fand ich dieses amtliche Schreiben der Polizeidirektion Freiburg vom Juli 1953. Dass meine Pflegemutter Wert darauf legte, als »Frau« und nicht als »Fräulein« angesprochen zu werden, kann ich sehr gut verstehen. Doch dass dazu eine amtliche Genehmigung erforderlich war? Als ledige Frau hat meine Pflegemutter mit ihrer ebenfalls ledigen Schwester fünf Pflegekinder großgezogen und einige sogar adoptiert.
Sabine Heinrichs, Bad Krozingen, BadenWürttemberg
Eigentlich nur für ein Fotoprojekt auf die Hallig gekommen, jetzt seit dem 30. August ganz offiziell eine von neun Einwohnern sein! Nach Hause nicht mehr im Linienbus, sondern per Linienschiff fahren und am Abend mit den weltnettesten Nachbarn auf ein Bier im Garten sitzen, dem Gezeter der Austerfischer lauschen und keine Wünsche mehr haben.
Für mich hat das Wort unbill eine ganz besondere Bedeutung. Es hat zu tun mit Verlust, mit Misserfolg, Reinfall, auch Krankheit, also immer mit Schaden in all seinen Varianten. So versuche ich, in meinem Umfeld den Menschen und auch mir selbst jede Unbill zu ersparen.
Der freundliche Rathausbeamte, der, nach dem der Ausweis unseres Sohnes plötzlich nicht mehr zu finden war, an seinem freien Samstag zur Mittagszeit von seinem auswärtigen Wohnort ins Büro fuhr, um einen vorläufigen Reisepass auszustellen. So war die Auslandsreise der Kinder mit ihren Großeltern doch noch möglich.
Man kann im Herbst nicht nur mit Rilke »lange Briefe schreiben« und »in den Alleen hin und her« wandern, sondern auch (s)ein Herz verlieren. Oder ein Herz finden, wie ich vor ein paar Tagen beim Wandern…
(Nach Robert Gernhardt, »Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs«)
Annette find ich so was von gerissen,
so streng, frigide, einfach ohne Glut;
es macht mich ehrlich krank, wenn wir uns küssen,
dass sie so lustlos bleibt. Wer hier den Mut
hätt, dieser Frau die Show mal zu versauen;
allein das Wissen tät mir richtig gut,
kann mich an dem Gedanken sehr erbauen.
Ich hab vor so was Achtung. Und die Wut
darüber, dass ihr höhnisches Gegacker
mich bei den andern Wichsern so blamiert,
schafft in mir Groll als abgewracktem Macker.
Ich raff nicht, was das Weibsbild motiviert.
Ich raff es echt nicht. Wills auch gar nicht wissen.
Ich find Annette unheimlich gerissen.
Kürzlich hörte ich im Radio ein lange Zeit nicht mehr vernommenes Wort, nämlich Schuldiener. Der Historiker, der es benutzte, bestand darauf. Denn »Schuldiener«, laut Wörterbuch »veraltet«, ist eben doch nicht völlig bedeutungsgleich mit »Hausmeister einer Schule«. Die Respektsperson, die gleichzeitig eine dienende und manchmal eine komische ist, findet sich im Hausmeister weniger. In einem südhessischen Dorf aufgewachsen, habe ich das Wort Schuldiener lange und ganz selbst verständlich benutzt. Der Hausmeister begegnete mit erst im Gymnasium und der eher österreichische Pedell erst in der Literatur. Doch auch dort findet sich der Schuldiener wieder: Kafkas Landvermesser K. wird im 7. Kapitel ersatzweise und vorübergehend die Stelle eines Schuldieners angeboten. Er scheitert selbstverständlich.
Frühmorgens fahre ich mit dem Motorrad zur Arbeit. Klarer Himmel, am Boden Morgendunst. Mehrere Pkw haben defekte Lichter, ich blinke sie kurz an und frage mich: Ob mich wohl auch jemand an blinkt, wenn ich etwas habe? Da blitzt es in beiden Rückspiegeln so stark, dass ich für einen Moment kaum was sehen kann. Direkt hinter mir ist die Sonne aufgegangen.