Lesezeichen
 

Aus meinem Garten

s74-garten

Immer wieder freue ich mich, wenn sich die Weinbergschnecken bei uns zum Liebesspiel einfinden.

Friedrich Rehmann, Stelle, Niedersachsen

 

Bilder aus Hamburg

s74-hamburg

Mein Großvater diente im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe. 1943 wurde er nach Hamburg verlegt, wo es zwischen dem 25. Juli und dem 3. August heftige Angriffe gab; an die 40 000 Menschen kamen dabei um. Die sogenannte Operation Gomorrha, mit der die Briten und Amerikaner die zweitgrößte deutsche Stadt auslöschen wollten, stellte das bis Dato schwerste Bombardement in der Geschichte des Luftkrieges dar. Die Abteilung meines Großvaters war in der Innenstadt stationiert, und zwar an einer Flak (Flugabwehrkanone) auf dem Dach des Pressehauses am Speersort. (in dem Gebäude hatte damals das Hamburger Tageblatt seinen Sitz, nach dem Krieg waren die Redaktionen von Spiegel, stern und ZEIT dort untergebracht, letztere ist bis heute im Pressehaus geblieben, Anm. d. Red.). Während eines der letzten Angriffe in der Nacht vom 2. auf den 3. August fing das Dach Feuer. Die Flammen griffen auch auf das Munitionslager sowie ein Fotolabor im Inneren des Hauses über, bevor die Geschützmannschaft sie mit Sand löschen und sich – wie durch ein Wunder – in Sicherheit bringen konnte.

Gregor Mönnig, Düsseldorf

 

Die Kritzelei der Woche

s74-kritzelei

Diese Kritzelei wurde während der letzten Schultage vor den Sommerferien verübt. Täterin: Jette Haufe, 10. Klasse. Tatort: Humboldt Gymnasium, Eberswalde. Tatzeitraum: über mehrere Schulstunden. Tatmotiv: Lustlosigkeit nach bestandenen Prüfungen und Zensurenstopp.

Jette Haufe, Joachimsthal, Brandenburg

 

Was mein Leben reicher macht

Auf einer Wanderung in der Mittagshitze führt mein Weg durch ein menschenleeres Dorf. Der alte Dorfplatz. Eine Kirchturmglocke schlägt. Klingende stille.

Josef Schederecker, Schnaitsee, Bayern

 

Mein Wort-Schatz

Neulich bei Italiener meines Vertrauens: Eine alte Dame betritt mit kleinen Schritten, abgestützt auf einen Rollator, sichtlich erschöpft das Restaurant. Sie steuert den ersten erreichbaren Tisch an und lässt sich, noch mit Mantel und Kopftuch bekleidet, auf den Stuhl sacken. Der Kellner bringt ihr sofort die Speisekarte und fragt, ob er schon vorweg etwas bringen könne. »Erst einmal eine Kraftbrühe«, sagt die alte Dame. Wie sehr doch dieses Wort in einer solchen Situation Sinn hat! Die völlig entkräftete Seniorin erhofft sich Kräftigung durch die Suppe. Ob der Name Kraftbrühe tatsächlich etwas mit Kräftigung zu tun hat? Oder bezeichnet dieses Wort einfach eine kräftige Brühe? Wie auch immer: Die alte Dame löffelte sichtlich zufrieden die ihr servierte Brühe. Dadurch kam sie wieder zu Kräften, was man ihren sich immer mehr entspannenden Gesichtszügen deutlich anmerken konnte.

Helmut Schroeter, Baelen, Belgien

 

Was mein Leben reicher macht

Die kleinen Liebeserklärungen, die unsere Tochter, 27, in Schränken, Blumentöpfen und im Kühlschrank hinterlässt, wenn sie uns am Wochenende besucht hat.

Horst und Charlotte Weinläder, Birkenfeld, Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Es ist Sommer. Das Fenster im Schlafzimmer steht weit offen. Heute bin ich ungewöhnlich früh aufgewacht. Draußen war es noch still, doch nacheinander begannen verschiedene Vögel zu singen und zu zwitschern, bis ein wahres Konzert entstand. Ein Geschenk für meinen Tag.

Inge Felgner, Neckargemünd, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Mit guten Freunden bei Windstärke sieben zwischen Föhr und Amrum windsurfen – und sich hinterher Geschichten über spektakuläre Sprünge erzählen, die höchstens halb so hoch waren.

Christoph Holstein, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Auf dem Heimweg kommt mir eine junge Frau entgegen, Kopfhörer auf, leidenschaftlich mitsingend. Sie sieht mein amüsiertes lächeln, errötet und verstummt. »Keep singing!«, sage ich, und ein anderer Passant lächelt und nickt zustimmend. Für einen Augenblick lichtet sich die Londoner Großstadtanonymität.

Matthias Rosenberg, London