Der Auftritt einer alten Dame, die forschen Schritts auf mich zukommt: »Können Sie mir bitte gaaanz schnell drei Fahrkarten zum Hauptbahnhof aus dem Automaten lassen?« Sie hält mir einen Geldschein unter die Nase, und ich erledige den Auftrag. Da kommen zwei junge Erwachsene aus dem Parkhaus gerannt. Die Dame wedelt triumphierend mit den Tickets: »Sagte ich doch, Kinders: kein Problem für eure Omi!«
Meine Oma benutzte oft den Begriff Läusknäcker für Menschen, die bei gewissen Dingen Haarspalterei bis zum Exzess betrieben. Das kann man einer Person an den Kopf werfen, ohne sie zu verletzen. Daher ist dieser Begriff ein fester Bestandteil in meinem Wortschatz geworden. Außerdem sorgt er meistens für Erheiterung.
Auch unsere »Kleinen« (5, 9 und 16) haben Spaß an Gameboy und iPhone. Doch mit den Nachbarskindern aus dem zweiten Stock tauschen sie sich über den Balkon per Brief und Schnurpost aus. Hurra!
Turckheim, Elsass: Aus dem Verkehrszeichen »Verbot der Einfahrt« haben unbekannte Künstler eine verführerische Einladung gemacht – ausgerechnet voreinerderzahlreichen »Winstuben«.
In der Berliner S-Bahn höre ich zu, wie sich zwei Germanistik-Studenten unterhalten: »Wie weit biste?« – »Viertes Semester!« – »Wat lest ihr denn jrade im Seminar?« – »Fontane, Effi Briest.« – »Soll furchtbar sein!« – »Schlimmer!!!«
Herbert Schüngeler, Hückelhoven-Brachelen, Nordrhein-Westfalen
Auf einer Familienfreizeit unterhielt ich mich mit einem anderen Westpfälzer beim Abtrocknen. Wir verfielen in unsere Mundart und kamen auf Poussieren und auf die Freierei gehen. Ausdrücke, die ich früher in meiner Westpfälzer Heimat oft gehört habe, wenn es darum ging, dass irgendeiner mit irgendeiner angebandelt hat oder zwei zusammen waren. Aber »poussieren« und »auf die Freierei gehen« klingt doch schöner!
Philemon und Baucis in einem Hotel: Ein älteres Ehepaar wartet auf den Fahrstuhl. Als dieser hält, ist nur noch Platz für eine Person. »Wir lassen uns nie allein«, lässt die alte Dame würdevoll vernehmen, während sich das Paar an den Händen hält. Noch nach Tagen kann ich nur mit Rührung an diese Szene zurückdenken.
In meiner Kindheit gab es das schöne Wort Postbeamter. Das fiel mir ein, nachdem ich nun schon seit mehr als zwei Wochen täglich in meinen leeren Briefkasten schaue. Denn es wird ja (unbefristet) gestreikt. Was war das für eine Zeit, in der die Post noch ein Staatsunternehmen war und alles pünktlich – mitunter sogar zweimal am Tag – zugestellt wurde! Inzwischen streiken auch die Geldautomatenbefüller. Was für eine Zeit, als es noch den Geldbriefträger gab!
Der Schornsteinfeger, der jeden Morgen an mir vorbeifährt, wenn ich mit meiner Hündin spazieren gehe, und der mich seit einiger Zeit freundlich grüßt, hielt heute neben mir an, ließ die Scheibe herunter und gab mir ein kleines Schornsteinfegermännchen. Mehr Glück kann man an seinem Geburtstag gar nicht haben!