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Was mein Leben reicher macht

Tassengeklapper und Sommergeraune im gut besuchten Waldcafe, als eine laute Kinderstimme ein Lächeln auf die Gesichter der Gäste zaubert: “Ich will neben meiner lieben Oma sitzen!” Und die Oma bin ich.

Ulrike Bertram, Hannover

 

Das ist mein Ding

Darf ich vorstellen: eine schlichte und glanzlose Erscheinung, mit Kratzern, Dellen und Macken. Alt und grau. Mein Ding ist nichts Besonderes. Nur ein gewöhnlicher Blecheimer. Er gehört zu den ausgemusterten Dingen des Alltags. Trendresistent steht dieser Eimer immer noch da. Kein Plastikeimer kann ihm das Wasser reichen. Er ist gut in Form. Oben weiter als unten. Zum Himmel hin offen. Zum Glück nimmt er es mir nicht übel, wenn ich ihn mal im Regen stehen lasse. Vor sieben Jahren habe ich ihn aus einem dunklen Schuppen befreit und ans Licht geholt. Ich habe ihm quasi zu einem neuen Auftritt verholfen. Unzählige Fotoserien habe ich mit ihm gemacht. Mit ihm habe ich gelernt, das Gewöhnliche mit anderen Augen zu betrachten und die einfachen Dinge mehr wertzuschätzen. Es ist nicht der Alltag, der uns abstumpft. Es ist der Blick auf die Dinge, der sich abnutzt. Gerne lausche ich dem Blechgeflüster und entdecke die Poesie der einfachen Dinge. Und wenn ich aus dem Haus gehe, nicke ich meinem Blecheimer freundlich zu. Bisher hat er meinen Gruß allerdings noch nicht erwidert.

Elke Heldmann-Kiesel, Darmstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Morgens im Bus, eine Schulklasse steigt ein. Zwei Jungen, vielleicht acht Jahre alt, unterhalten sich: »Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?« – »Das Ei natürlich! Die Dinosaurier haben doch schon Eier gelegt!« So einfach ist das.

Stephanie Helmling, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Unser abendliches Ritual: Ich sitze mit meinem dreijährigen Sohn im Bett, kraule ihm den Rücken, und wir erzählen uns Gutenachtgeschichten. Gleichzeitig stille ich meine wenige Wochen alte Tochter. Alle drei aneinandergekuschelt. Was kann es Friedlicheres geben?

Carolin Jalal, Saarbrücken

 

Zeitsprung

Alex und ich kennen uns schon lange. Wir sind zusammen aufgewachsen, wohnten fast nebeneinander, besuchten gemeinsam den Kindergarten und die Grundschule.

Durch einen gemeinsamen Freundeskreis verloren wir uns auch später nicht ganz aus den Augen. Doch als ich mich dazu entschloss, in einer anderen Stadt zu studieren, fiel es uns zunehmend schwer, den Kontakt zu halten.

Im Jahr 2010 fuhr ich während der Semesterferien wieder in die alte Heimat. Auf der Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Freundes sahen wir uns nach längerer Zeit wieder. Und es funkte. Nach mehreren Verabredungen wurden wir schließlich ein Paar. So konnten wir das Foto nachstellen, das damals auf der Treppe meines neu gebauten Elternhauses entstanden war.

Wir hoffen beide, dass es in 20 Jahren eine dritte Ausgabe geben wird. Vielleicht sogar zu dritt?

Laura Philipps, Trier

 

Was mein Leben reicher macht

Nach meinem Umzug in die Hauptstadt eines Abends gegen 23 Uhr zum ersten Besuch im weit entfernten Hotel Mama anzukommen, die vertrauten Gesichter vergangener Zeit um mich herum zu sehen und meine Mutter zu hören: »Johannes, hast du noch Hunger?«

Johannes Vollmer, Berlin

 

Die Kritzelei der Woche

Wir, zehn Tageszeitungsvolontäre, übten in einer Hütte im Allgäu eine Woche lang Nachrichten schreiben und redigieren. Es begann mit einem Duplo. Am Anfang stand es in der Packung auf dem Tisch, dann lag es in meinem Magen und ich schrieb – während ich den Worten unseres Ausbildungsredakteurs lauschte – d-u-p-l-o auf meinem Zettel. Nach und nach kamen andere Kritzeleien hinzu: Bilder, Namen, die Ergüsse der Volontäre und des Redakteurs. Was man aufschreibt, merkt man sich besser, sagt man. Also will ich hoffen, dass ich von jetzt an Synonymitis und Pluralitis vermeide und den Konjunktiv mag …

 

Was mein Leben reicher macht

30 Jahre lang war ich in der Gastronomie selbstständig und hatte in all den Jahren nur eine Handvoll freie Sonntage. Jetzt aber, mit 54 Jahren, erfülle ich mir nach einem Jahr Vorbereitungszeit den lang ersehnten Jugendwunsch und laufe erfolgreich meinen ersten Marathon. Und weiß dabei das eigene Hotel-Restaurant zu Hause bei meinem Nachfolger in guten Händen.

Hugo Spehl, Laufenburg, Baden

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn ein Freund mir ein »Körble« frisch gesammelter Steinpilze vorbeibringt und ich ihm im Gegenzug eine »Gugg« (eine Tüte) voll unbehandelter Äpfel vom eigenen Baum mitgeben kann. Da freut sich nicht nur die schwäbische Seele.

Elisabeth Weber-Strobel, Heidenheim