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Was mein Leben reicher macht

Nachdem wir unseren Internetanschluss auf WLAN umgestellt hatten, war das Thema »drahtlose Verbindung« allgegenwärtig. Sogar, als Mama eines Tages Spaghetti servieren wollte und die passenden Gerätschaften vermisste. »Die Nudelzange ist wieder mal schnurlos verbunden!«, entfuhr es ihr, und seither können wir dem Verschwinden von Gegenständen eine humorvolle Note abgewinnen.

Gebhard Ruess, Dresden

 

Was mein Leben reicher macht

Neulich bei der Vorsorge: mit meinem Frauenarzt, der ein begabter Freizeitmusiker ist, zuerst die Stimmkrisen diverser Star-Tenöre durchgehechelt, danach übers Regietheater hergezogen. Beim Ultraschall kamen wir schließlich auf eine Schubert-Klaviersonate zu sprechen, die ich nicht präsent hatte. Er sang sie mir vor! Welche Patientin bekommt das von ihrem Arzt geboten?

Ulrike Schieckel, Oldenburg

 

Wiedergefunden

Wegen der Einberufung zum Afrikafeldzug hat mein Vater 1942 sein Studium an der Staatsbauschule in Aachen unfreiwillig unterbrochen. Nach der Kapitulation folgten noch drei Jahre Kriegsgefangenschaft, zuletzt als Dolmetscher in einem Lager für Offiziere im Hohen Atlas in Marokko. Als mein Vater vor kurzem fast 92jährig starb, schrieb der Direktor seines langjährigen Arbeitgebers in seinem einfühlsamen Kondolenzbrief auch über dessen für die Kriegsjahre typischen unorthodoxen Ausbildungsweg: mit einem »zweisemestrigen Aufbaulehrgang in Bautechnik« nebst Abschlussprüfung, organisiert von Offizieren im Lager Ouarzazate. Zur Vervollständigung unserer Familienchronik stellte mir das Unternehmen die 67 Jahre alte »Teilnahme-Bescheinigung« zur Verfügung.

Armin Homburg, Raeren, Belgien

 

Was mein Leben reicher macht

H-Moll-Messe von Bach im Schleswiger Dom. Fröstelnd ziehe ich angesichts der niedrigen Temperaturen meine dünne Strickjacke enger um mich. Der Musikgenuss mag sich trotz der himmlischen Klänge nicht einstellen. Da legt sich mir von hinten ein Wolltuch um die Schultern – erstaunt blicke ich mich um: Eine ältere Dame lächelt mir freundlich zu. Warm wird mir an Körper und Seele.

Ulrike Steenbuck, Breklum, Schleswig-Holstein

 

Relativ plastisch

In Malsburg (Kreis Lörrach) fiel mir ein Trafohäuschen auf, das Einsteinschen Geist ins hintere Kandertal bringt. Das Werk des (mir nicht bekannten) Künstlers macht Dorfbewohnern wie Durchreisenden klar, dass Masse nichts anderes ist als Energie, lediglich in einer anderen Erscheinungsform. Das seitliche Türchen wurde zum Träger der weltberühmten Formel der Relativitätstheorie: E=m.c2

Christoph Meyer, Weil am Rhein

 

Dräuen: Mein Wort-Schatz

Dunkle Wolken am Himmel, der Wind nimmt zu, fernes Donnergrollen. Es scheint ein Gewitter aufzuziehen, mehr noch, zu dräuen. Für mich schwingt bei diesem Wort etwas Unheimliches mit, eine drohende Gefahr. Wenn sie dann doch nicht eintritt, ist Erleichterung angesagt.

Sigrid von Swieykowski, Bad Homburg

 

Was mein Leben reicher macht

Als Winzer bei strahlendem Sonnenschein im schwäbischen Wengert Trauben zu ernten, sich dabei zu unterhalten – unter anderen mit vier deutsch-rumänischen Helferinnen – und festzustellen, dass eigentlich alle »ausländische« Wurzeln haben.

Mathias Hertner, Nordheim-Nordhausen, Baden-Württemberg

 

Wiedergefunden: Zeugnis aus dem Lager

Wegen der Einberufung zum Afrikafeldzug hat mein Vater 1942 sein Studium an der Staats- bauschule in Aachen unfreiwillig unterbrochen. Nach der Kapitulation folgten noch drei Jahre Kriegsgefangenschaft, zuletzt als Dolmetscher in einem Lager für Offiziere im Hohen Atlas in Marokko. Als mein Vater vor kurzem fast 92jährig starb, schrieb der Direktor seines langjährigen Arbeitgebers in seinem einfühlsamen Kondolenzbrief auch über dessen für die Kriegsjahre typischen unorthodoxen Ausbildungsweg: mit einem »zweisemestrigen Aufbaulehrgang in Bautechnik« nebst Abschlussprüfung, organisiert von Offizieren im Lager Ouarzazate. Zur Vervollständigung unserer Familienchronik stellte mir das Unternehmen die 67 Jahre alte »Teilnahme-Bescheinigung« zur Verfügung.

Armin Homburg, Raeren, Belgien

 

Was mein Leben reicher macht

Nachdem ich im Mai den Strong-man-Run am Nürburgring abbrechen musste, wollte ich den Lauf unbedingt komplett bewältigen. Nach einem trainingsreichen Sommer war es jetzt in Holland so weit. Und das Beste: Meine Freunde, versierte Läufer und schneller als ich, haben am Ende gewartet, mich in die Mitte genommen, und so sind wir gemeinsam ins Ziel gelaufen. Danke Jörg, Anita und Holger!

Ulrike Ostrzinski, Köln

 

Hör, sie plagt die Nachbarn wieder

(Nach Clemens Brentano, »Hör, es klagt die Flöte wieder«)

Hör, es klagt die Flöte wieder,
Irgendjemand ist am Üben.
Sonaten spielt man und auch Lieder:
Die Töne kommen aus dem Trüben!

Holdes Bitten, mild Verlangen,
Dieses Tun bald zu beenden,
Erfleh’n die Nachbarn, voller Bangen.
Doch tönt es weiter aus den Wänden.

Wolfgang Teubner, Herrenberg