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Schöner warten

Als wir vor einiger Zeit den Oder-Neiße-Radweg fuhren, fanden wir in Klein Bademeusel diese »gemütliche« Bushaltestelle.

Gregor van de Sand, Bocholt

 

Was mein Leben reicher macht

Das Telefon klingelt, im Display erkenne ich die Nummer unseres in London lebenden Sohnes. Ich höre Gejohle, Pfiffe und auch ein lautes Tröten. Dazwischen schreit Julius: »Ich habe eine Eintrittskarte für das Beachvolleyballturnier gekriegt«, alles andere kann ich nicht mehr verstehen. So schön kann Olympia sein!

Petra Anders, Lehre-Flechtorf, Niedersachsen

 

Materialien zur fortgesetzten Kritik eines Gedichtes italienischen Ursprungs

(Nach Robert Gernhard, »Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs« und als Antwort auf Claudia Tolls Parodie »Materialien zur Kritik eines Gedichts Gernhardschen Ursprungs« ZEIT Nr. 29/12)

Entstaubte Lyrik, neu verfasst, darf alles wagen,
Darf eng am Vorbild jener strengen Form
Versteckte Liebe eingestehen, offen ihr entsagen,
Sie darf es ungebunden auch, in loser Form.

Motive und Sujets kann sie nach Herzenslust einbinden,
Der Alten Mythen, an Metaphern reich.
Sie muss nicht gleich das Rad der Lyrik neu erfinden,
Doch hoch verdichten schon und kontextreich.

Wer eigne Verse formuliert, der tut dies wohl
In Kenntnis der Jahrhundert alten Konzeption.
Die ach so nette Lyrik bliebe hohl,

Fehlt’ ihr zur Form die inhaltliche Reflexion.
Drum schreibe frisch, doch schreibe tief –
Wer Lyrik neu verfasst, liegt gewiss nicht schief.

Manfred Klenk, Mannheim

 

Telefongabel: Mein Wort-Schatz

»Du musst den Hörer auch richtig auf die Gabel legen«, sagte meine Mutter immer, wenn das Telefon nicht richtig funktionierte. Bei einem alten Telefon mit Wählscheibe und Hörer nannte man die Auflage für den Hörer Telefongabel. Durch Abnehmen des Hörers wurde die Telefonleitung aktiviert und durch Auflegen wieder beendet. Heute geschieht das ja durch Drücken einer Taste oder Berührung des Bildschirms. »Ich leg jetzt auf« stirbt damit wohl aus. Meine Kinder kennen den Begriff Telefongabel schon gar nicht mehr.

Herbert Höltgen, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Neulich fuhr ich mit dem Fahrrad erst zum Schwimmen, dann zum Einkaufen. Die Taschen waren gut gefüllt, plötzlich hatte das Hinterrad einen Platten … Ich schob wohl zwei Kilometer, da fragte hinter mir eine Stimme, ob ich Hilfe brauchte: ein älterer Herr auf einem Fahrrad mit einer Satteltasche voller Equipment! Ich danke dem Unbekannten – und fahre künftig auch nur noch mit Werkzeug an Bord.

Barbara Baartz, Rastede, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Abends an der Tankstelle im Dorf Diesel getankt, Preis: 1,45 Euro/ Liter. Am anderen Morgen bei der Fahrt zur Arbeit den aktuellen Preis erblickt: 1,53 Euro/Liter.

Johann Steinweg, Düren

 

Was mein Leben reicher macht

Am Rückgabeautomaten für Pfandflaschen stehe ich mit meinen beiden Flaschen hinter einem jungen Mann in Schlabberjeans und Schirmmütze. Er hat einen ganzen Sack leerer Flaschen dabei. Plötzlich dreht er sich um. »Ey komm, isch lass disch vor«, sagt er. »Das ist aber nett«, antworte ich und watschle – ich bin im achten Monat schwanger – an ihm vorbei. Im Vorbeigehen grinst er mich an und sagt: »Wegen deine Bauch!«

Helena Petzold, Hamburg

 

Telegramm vom Vater

Nach dem Tod meiner Mutter vor zwei Jahren fand ich die Liebesbriefe meines Vaters. Meine Eltern schrieben sich unbekannterweise über fünf Jahre, während mein Vater in Stalingrad und später in Sibirien in Kriegsgefangenschaft war. Sie hatten sich vorher kein einziges Mal gesehen. Sie waren sich aber sicher, dass sie füreinander bestimmt seien und eines Tages heiraten würden. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft machte sich mein Vater todkrank zu Fuß auf den Heimweg. Allein die Liebe zu meiner unbekannten Mutter hielt ihn am Leben. In Frankfurt an der Oder gab er 1949 dieses Telegramm an sie auf: »Ich komme _ erwarte Dich _ Dein Helmut«. Sie trafen sich insgesamt drei Mal, bevor sie schließlich heirateten, sie bekamen vier Kinder und waren bis zum Tod glücklich miteinander.

Gisela Holle, München

 

Ferngespräch: Mein Wort-Schatz

Ferngespräch, das klingt nach etwas Besonderem, nach Ferne. Neulich stieß ich in einem Telefonat mit einem Freund auf dieses Wort. Er sagte zu einem Kollegen, als er mit mir telefonierte, er führe ein »Ferngespräch«. Reaktion: Verwunderung. Er wohnt im Westen, genauer in Walldorf bei Frankfurt, und ich lebe in Dresden, also im Osten. Wir necken uns gern mit den typischen Ost-West-Klischees. Erwähnen sollte ich wohl, dass wir beide zur Zeit der Wende um die zwölf Jahre alt waren. Heutzutage telefoniert man mit Flatrate sonst wohin und macht sich keine Gedanken mehr darüber. Aber in unserer Kindheit sah das noch anders aus. Gerade in der DDR gab es nur in wenigen Haushalten ein Telefon. Und so war es an der Tagesordnung, dass man als Telefonbesitzer Besucher hatte, die kamen, nur um ein Ferngespräch zu führen.

Marlen Arnold, Dresden