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Was mein Leben reicher macht

Als Aufsatzthema bekam meine Enkelin die Frage: »Sind alte Leute langweilig?« Für Lina war die Antwort einfach. »Meine Oma«, schrieb sie, »ist nicht langweilig. Sie fährt mit uns im Parkhaus immer bis ganz nach oben.«

Ulrike Lah, Bayreuth

 

Was mein Leben reicher macht

Am Ende des Schultages öffne ich den Kühlschrank des Lehrerzimmers. Darin finde ich drei Tupperschüsseln übereinander: eine mit Linseneintopf, eine mit Würstchen, eine mit Spätzle. Daran ein Zettel: »Essen Steffi H.« Danke Ina!

Stephanie Harkcom, Heidelberg

 

Wiedergefunden: Das Foto aus Syrien


Auf meiner Rundreise durch Syrien im vergangenen Jahr: Eine junge Familie erregt meine Aufmerksamkeit. Ob ich wohl ein Foto machen darf? Der Familienvater nickt, die Tochter lächelt mich an, die Mutter verdeckt ihren Augenschlitz mit der Hand, die kleine Schwester versteckt sich an ihrer Mutter. Im Weggehen bemerke ich, wie das Mädchen im roten Pullover mit seinen Eltern tuschelt. Dann kommt es strahlend auf mich zugelaufen und drückt mir ein Bonbon in die Hand. Wie mag es dieser freundlichen Familie wohl heute ergehen?

Falk Horn, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Verschlafen komme ich morgens in die Küche und mache mir einen Moment lang Sorgen: Gibt der Kühlschrank so merkwürdige Geräusche von sich? Dann aber bemerke ich, dass das Summen von der ersten Stubenfliege des Jahres kommt. Ich habe mich noch nie so über ein Insekt gefreut.

Martin Lux, Uelzen

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Blick geht durch das Fenster in den Vorfrühling-Garten: Ein Star mit glitzerndem Gefieder hüpft zwischen die Schneeglöckchen. Ein Schnabelgriff – und er fliegt mit einer Schneeglöckchenblüte am halblangen Stängel davon. Ob er diesen Blumengruß wohl der liebsten aller Starinnen bringt?

Irmgard Ludwig, Goslar

 

Straßenbild


Vor einem Straßenlokal in Heiligenhafen an der Ostsee fand ich diese Werbung für einen Fahrradverleih. Eine kreative phonetische Umsetzung der Buchstabensprache nach dem Motto »Schreiben wie gesprochen«! In jedem Wort taucht der Vokal A zweimal auf. Eine Vorstufe der Konkreten Poesie, eingesetzt von einem Menschen, der nie etwas von Lyrik gehört haben mag. Dynamisch in Großbuchstaben geschrieben, die Anfangsbuchstaben mit einem schwungvollen Bogen versehen, die Schriftzüge leicht ansteigend, vielleicht auf die kleine Hügelkette vor Heiligenhafen hinweisend: mit dem »Lai-Rad« leicht zu bewältigen.

Friedhelm Niggemeier, Kägsdorf/Ostsee

 

Lustwandle: Mein Wort-Schatz

Mehrmals in der Woche gehe ich durch den wunderschönen Schwetzinger Schlossgarten. Jedes Mal nehme ich mir vor, stramm zu gehen, weil das gesund wäre und auch der Figur zuträglich. Aber jedes Mal verlangsamt sich mein Tempo nach höchstens 500 Metern. Ich schaue: Jeder Blick schön wie ein Gemälde. Ich lausche: Was war das für ein Vogel? Und ich lustwandle, wie es sich in einem so schönen kurfürstlichen Garten gehört. Ich verschränke die Hände auf dem Rücken, ich schnuppere die gute Luft … Das alles ist zwar nicht so gut für die Figur, aber für die Sinne und die Seele.

Claudia Lohmann, Schwetzingen

 

Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl: Mein Wort-Schatz

Deutsch ist nicht meine Muttersprache. Nichtsdestotrotz ist ein deutsches mein Lieblingswort. Vor 25 Jahren, als ich nach Deutschland kam und mein Deutsch noch recht holprig war, gehörte es zu meinem Alltag, in den DIN-Normen nachschlagen zu müssen. Dort fand ich das Wort Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl. Ein Traumwort! In allen anderen mir bekannten Sprachen muss dieser Begriff mithilfe gleich mehrerer Wörter umschrieben werden.

Andrzej Klimczyk, Gerlingen

 

Kritzelei der Woche


In der Mathestunde haben wir angefangen, auf ein Blatt zu kritzeln, weil uns so langweilig war. Als unsere Lehrerin bemerkte, dass wir nicht aufgepasst haben, hat sie meine Freundin rausgeworfen. In Physik haben wir dann später weitergemalt und zuletzt im Garten unserer Freundin.

Mareike Walther, Karlsruhe