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Was mein Leben reicher macht

Am Geburtstag einen bunt frankierten Brief aus Uganda öffnen – von unserer Tochter, die dort einen Freiwilligendienst leistet. Eine gelungene Überraschung in Zeiten von E-Mail- und Facebook. Und das Strahlen in den Augen der beiden Schwestern, die den Brief eine Woche versteckt haben, weil er zu früh im Briefkasten war!

Sigrid Heuer, Vallendar

 

Glimpf: Mein Wort-Schatz

Als Liebhaber seltener und seltsamer Trouvaillen möchte ich für diese Rubrik den Glimpf anbieten. Im heutigen Sprachgebrauch taucht nur noch das Verb »verunglimpfen « in der Bedeutung »verunstalten, besudeln, verleumden « auf. Dass in früheren Tagen aber auch einmal das Substantiv »Glimpf« kursierte, weiß nur noch das Lexikon. »Glimpf« bedeutete »Nachsicht, Rücksichtnahme, Fug, Billigkeit, Schicklichkeit im Verhalten« – lauter Dinge, denen das Odium des Altmodischen anhaftet und die deshalb selbst fast aus dem heutigen Sprachgebrauch verschwunden sind. »Glimpf« bedeutete auch »Zufall« oder »Schickung«. Mich fasziniert dieses Wort wegen seines offenbar geräuschimitierenden Schalles und seines kuriosen Charakters sehr, und einmal habe ich es für den Offenen Kanal sogar zu einer Figur eines Hörspiels für Kinder gemacht: »Wer ist dieser Pimpf? Es ist der Glimpf!« Ein Glimpf ist selbstverständlich ein gutmütiger Kerl von zwergenhafter Statur mit knallroter Mütze, der die Dinge wieder ins Lot bringt.

Volker Zobel, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Wie jeden Freitagmorgen in meinem Stammcafé mit Internet den Laptop hochgefahren, um den Verwaltungskram der Woche bei einer Tasse Kaffee zu erledigen. Der Barista kennt mich inzwischen, diesmal hat er mir eine Latte mit Milchschaumherz gemacht. Musik im Hintergrund, ein paar andere Freelancer nicken herüber. Ich weiß, sie denken dasselbe: Wie gut, dass wir den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben!

Heike Aiello, Groningen, Niederlande

 

Wiedergefunden: Urlaubsgrüße aus Afghanistan


Wir sind es nicht mehr gewohnt, positive Nachrichten vom Hindukusch zu erhalten. Jetzt aber haben wir beim Aufräumen eine Ansichtskarte gefunden, die uns Freunde im Jahr 1974 aus Afghanistan geschickt hatten. Schier unglaublich, dass man dort einmal unbeschwerte Urlaubsfreuden genießen konnte!

Olaf Kleinelanghorst, Kiel

 

Was mein Leben reicher macht

Meine dreieinhalbjährige Tochter, die auf die Aufforderung, abends ins Bett zu gehen, das Wort Nein in fünf Silben zerlegen kann: »Na-ha-hai-i-n!«, um dann das ganze Programm durchzuziehen: Tränen, bibbernde Lippen und stammelnde Sätze. Zwei Minuten später der erste klare Satz: »Du darfst mir vorlesen.«

Lorenz Heimbrecht, Hildesheim

 

Ende vom Lied

(Nach Rainer Maria Rilke, »Engellieder«)

Einst war ich dein Engel, doch nun lass mich los,
denn ich verarme in deinen Armen
und werde kleiner, und du wirst groß:
und auf einmal bist du das Erbarmen,
und ich eine zitternde Bitte bloß.

Du hast mir ein Stück vom Himmel gegeben,
und ich lehrte dich ein wenig vom Leben,
so haben wir langsam einander erkannt.
Doch nun, da wir nicht mehr zusammen
schweben:

Lass sie doch endlich los, meine Hand!

Elke Bordes, Zarrentin am Schaalsee

 

Was mein Leben reicher macht

Südtirol, Hotel, Frühstücksbuffet. Eine alte Dame stellt sich neben mich und sagt: »Bonjour, Madame!« Ich mit Müslischüsselchen in der Hand: »Oh, Sie sind Französin? Ich bin Deutsche. Guten Morgen!« Pause. Dann singt sie mit verklärtem Lächeln und brüchigem Stimmlein: »Röslaain, Röslaain, Röslaain rot, Röslaain auf där Aaidön …« Und drückt mir den Arm.

Ursula Baumung, Stutensee

 

Kritzelei der Woche


Der große Hofhund einer guten Freundin, ein Hovawart, war plötzlich gestorben. In einem langen Telefongespräch versuchte ich, sie zu trösten. Es ging dann aber auch um wenig mitfühlende, herzlose Tierärzte, den Tod von Haustieren und um Bestattungsrituale. Es war, als sei ein Mensch gestorben. Und während des Telefonats entstand diese Zeichnung.

Hilke Grudzinski, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Nach getaner Arbeit am Schreibtisch, in Haus und Garten auf die Anhöhe vorm Haus gehen und im Angesicht der sinkenden Sonne der toten Geliebten gedenken. Nicht in Trauer aufgelöst, sondern erfüllt von der Erinnerung an ihre Schönheit und in beseelten Träumen, ihr wiederzubegegnen.

Horst Kühn, Lüchow