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Was mein Leben reicher macht

Wenn mein 19-jähriger Sohn, der für ein Jahr einen Freiwilligendienst in Sambia leistet, nach zwei Monaten schreibt: »Ich habe aufgehört, schwarz und weiß zu sehen.«

Doris Wiese-Gutheil, Frankfurt am Main

 

Wiedergefunden: Das Protokoll

Nach der Errichtung der Berliner Mauer 1961 hatte der Chor der Hamburger Kirchengemeinde St. Markus Kontakt zu  einem Chor in Prenzlauer Berg, und so besuchten wir ein- bis zweimal jährlich Ost-Berlin, um dort gemeinsam im Gottesdienst zu musizieren. Jeder Chorsänger war Gast einer Berliner Familie. Beim Besuch im März 1966 bekam ich von meiner Ostberliner Gastfamilie zwei Schallplatten geschenkt und wollte sie mitnehmen in die Westberliner Unterkunft, aber die Zollverwaltung der DDR war dagegen: Ich hatte keinen Beleg, woher die Platten stammten. Ich sagte, es sei ein Geschenk von Freunden. Man akzeptierte das nicht und beschlagnahmte die Platten. Das Verhör dauerte einige Zeit. Dann bekam ich das Protokoll, das ich vor Kurzem wiederfand.
Helmut P. Hagge, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

»Dann bist du jetzt draußen aus der Sache!«, sagte mein Mann. Immerhin darf ich meine Küchenschränke aussuchen und die Fliesen für meine neue Wunschwohnung. Um tausend andere Dinge aber brauche ich mich nicht zu kümmern.  Chauvinismus? Bevormundung? Nein, einfach Glück! Dreißig Jahre lang habe ich mich um alles selbst gekümmert, auch um vieles für meine Eltern und Geschwister. Gerade aber habe ich eine neue Arbeitsstelle und gar keine Zeit für Termine mit  Maklern, Bank und Handwerkern. Was für ein Mann, der das alles für mich tut!

Susanne Breuer, Köln

 

Dambedei: Mein Wort-Schatz

In der deutschen Sprache gibt es unzählig viele Wörter mit Nachsilben wie -heit, -keit oder -schaft, aber nur zwei mit dem Suffix -dei, nämlich Nackedei und Dambedei. Das erste ist synonym mit »Nacktfrosch« und allgemein gebräuchlich für Kinder, die nackt am Strand spielen oder sich gerade zum Duschen ausgezogen haben. Das zweite hat es mir jedoch mehr angetan: Das Wort Dambedei ist vor allem in meiner Karlsruher Heimat gebräuchlich und bezeichnet ein Hefeteig-Männchen mit Rosinenaugen. Es ist ein vorweihnachtliches Gebäck, und sein Name soll sich – eine von zahlreichen Theorien – als Abbild des Christkinds vom lateinischen (in nomine oder ad honorem) domini Dei herleiten. In neuerer Zeit wanderte der Dambedei jedoch im Kalender von Weihnachten über St. Nikolaus weiter nach vorn und wurde Synonym zum »Martinsmännchen«, das alle Kinder, die brav beim Martinszug mitgegangen waren und mitgesungen hatten, quasi als Belohnung erhielten. Beim Verteilen der Hefeteigmännchen konnte es auch schon mal zu unschönen Szenen kommen, wenn Eltern für ihre eigenen Sprösslinge gleich zwei oder mehr Männchen an sich rafften und manches Kind dann leer ausging. Es gibt freilich auch eine übertragene Bedeutung des Dambedei: ein unsportlicher Typ, etwas dicklich und weißbäuchig, oder gar ein »Hannebambel«, ein Mann ohne Rückgrat, der alles mit sich machen lässt. Doch als Erstes denkt man, wenn vom Dambedei die Rede ist, natürlich an den lecker schmeckenden Hefeteig-Mann aus Kindertagen.

Günter Wolf, Wiesloch

 

Was mein Leben reicher macht

Nachdem wir ein Jahr zusammen in Ecuador verbracht haben, sehen wir uns nun zum ersten Mal in Deutschland wieder. Und für einen Abend scheint Ecuador auch in einem kleinen Café in Aachen zu sein. Danke Jungs!

Lisa Glasner, Neckarsteinach

 

Zeitsprung


Von 1897 bis 1914 gehörte zum kaiserlichen Deutschland die chinesische Kolonie Kiautschou. Damals arbeitete mein Großvater beim dortigen Gericht in Tsingtau. Die Dienstwohnung befand sich im ersten Stock eines Gebäudes, in dem auch das (deutsche) Gefängnis untergebracht war. Wie so viele der hübschen Kolonialbauten in dieser als Musterkolonie geplanten Region steht auch dieses Haus noch im heutigen Qingdao. Das linke Bild zeigt meine Großeltern im Sonntagsstaat vor ihrer Eingangstür. Ein rechter Augenschmaus und gefälliger in Harmonie und Ausstrahlung als das meiste, was heutige Mode zu bieten hat. An gleicher Stelle hat sich kürzlich mein Sohn ablichten lassen. Da das Gebäude heute ein öffentliches Museum ist, German Prison Site Museum, konnte er sogar die Wohnräume seiner Urgroßeltern besuchen.

Sybille Kaffanke, Höchstadt

 

Huch: Mein Wort-Schatz

Das Schreckwort huch! ist mir besonders lieb. Wenn uns ein kleiner, unvermuteter Schrecken mit seinen Fledermausflügeln streift, entfährt uns leicht dieses theatralische »huch!« in  gehobener Stimmlage. Aber wir wissen gleichzeitig: Nichts Ernstes, gleich vorbei! Ein geniales Wort!

Gisela Barg-Bryant, Liederbach

 

Was mein Leben reicher macht

Jeden Freitag ist ein richtiger Brief in unserem Postkasten. Seit mehr als 15 Jahren schreiben meine Eltern an alle ihre fünf Kinder. Ich freue mich über die Schrift meines 85-jährigen Vaters, über die Berichte vom Alltag meiner Eltern, über die von meiner Mutter liebevoll beklebten Umschläge und über die immer gleichen Unterschriften.

Katharina Trede-Döring, Ratzeburg

 

Wiedergefunden: Der Sandmann


Da habe ich nun endlich, nach vielen, vielen Jahren, die ich nicht mehr bei meinen Eltern wohne, das Kabuff in meinem alten Kinderzimmer ausgeräumt. Was da alles zutage kam! Unter anderem der Sandmann, der Liebling meiner Kindheitstage. Doch die Zeit und die Motten hatten ihm übel mitgespielt. Genau genommen war nur ein Zombie geblieben, ein würdiger Kandidat für den Friedhof der Kuscheltiere, auf dem er letztlich auch landete. Wiedergefunden und – weggeschmissen.

Ilka Weingart, Leipzig

 

Luftaufsichtsbaracke: Mein Wort-Schatz

Seit Jahrzehnten höre ich gerne Reinhard Mey. Eines seiner Lieder, in dem das eher unmelodisch daherkommende Wort Luftaufsichtsbaracke Platz gefunden hat, schwebt nach wie vor über den Wolken. Aktuell ist es sogar in der SWR1-Hitparade unter den ersten 100 Hits aus aller Welt auf Platz 67 gelandet. Kompliment an den Sänger, dass trotz eines solchen Wortungetümes die Zuhörer gerne mit ihm fliegen!

Peter Stei, Obersulm